Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Analoge Anwendung von § 23b RVG
Rz. 15
Die Rechtsanwaltsgebühren im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 20 KapMuG richten sich nach dem Wert des im Ausgangsverfahren geltend gemachten Anspruchs, soweit dieser Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist. Dies beruht auf einer analogen Anwendung des § 23b. Einer unmittelbaren Anwendung des § 23b steht entgegen, dass sich die Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur auf das Musterverfahren bezieht. Der Gesetzgeber befürwortet stattdessen, dass sich der Gegenstandswert im Rechtsbeschwerdeverfahren aus einer Anwendung von § 23 Abs. 1 S. 1 i.V.m § 47 GKG ergibt. Dem steht allerdings entgegen, dass im Rechtsbeschwerdeverfahren für den Streitwert der Gerichtsgebühren nicht § 47 GKG, sondern § 51a Abs. 2 GKG gilt. Der Anwendung von § 23 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 51a GKG wiederum steht entgegen, dass es in § 51a Abs. 2 GKG nicht nur auf den Antrag des Rechtsbeschwerdeführers ankommt, sondern von Summe der sämtlichen nach § 8 KapMuG ausgesetzten Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche auszugehen ist, soweit diese Gegenstand des Musterverfahrens sind.
Rz. 16
Beispiel: Gegen den Musterentscheid legt Rechtsanwalt R für den Kläger K, der in dem Musterverfahren als Beigeladener beteiligt war, die Rechtsbeschwerde nach § 20 KapMuG ein. Im Ausgangsverfahren macht K einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 20.000 EUR geltend, der in vollem Umfang von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen war.
Nach § 23b bestimmt sich der Gegenstandswert des den K im Rechtsbeschwerdeverfahren vertretenden Rechtsanwalts nach der Höhe des von K verfolgten Schadensersatzanspruchs in Höhe von 20.000 EUR. Es sind nicht die Werte aller von dem Rechtsbeschwerdeverfahren betroffenen Ansprüche zu addieren. § 23b analog begrenzt den Gegenstandswert, weil das einzelne wirtschaftliche Interesse des Rechtsbeschwerdeführers bzw. des Rechtsbeschwerdegegners bzw. der Beigetretenen im Rechtsbeschwerdeverfahren nie höher als im Hauptsacheprozess sein kann.
2. Mehrere Auftraggeber
Rz. 17
Wird der Prozessbevollmächtigte im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 20 KapMuG in einer gebührenrechtlichen Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, ist der Gegenstandswert in Höhe der Summe der nach den Werten der im Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche der Auftraggeber festzusetzen.
3. Gebühren im Rechtsbeschwerdeverfahren
Rz. 18
Für die anwaltliche Tätigkeit im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 20 KapMuG entstehen über VV Vorb. 3.2.2 Nr. 1b die für das Revisionsverfahren geltenden Gebühren der VV 3208 (2,3-Verfahrensgebühr) und VV 3210 (1,5-Terminsgebühr).
4. Rechtsbeschwerden nach § 574 ZPO
Rz. 19
Für andere Rechtsbeschwerden nach § 574 ZPO ist § 23b nicht analog anzuwenden, auch soweit die Rechtsbeschwerden im Zusammenhang mit Entscheidungen zum KapMuG stehen. Für diese anderen Rechtsbeschwerden nach § 574 ZPO gilt § 23 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 47 GKG. Der Gegenstandswert richtet sich nach dem Antrag des Rechtsbeschwerdeführers.
Rz. 20
Für diese Rechtsbeschwerden ist auch nicht § 23 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 51a GKG anzuwenden, weil § 51a Abs. 2 GKG nur Rechtsbeschwerden nach § 20 KapMuG erfasst. Zwar bezeichnet § 51a Abs. 2 GKG – anders als die Gebühr Nr. 1821 GKG-KostVerz. oder die VV Vorb. 3.2.2 Nr. 1b – nicht explizit die Rechtsbeschwerde nach § 20 KapMuG. Allerdings bezieht sich die Gesetzesbegründung allein auf die Rechtsbeschwerde gegen einen vorliegenden Musterentscheid, nicht auf andere Rechtsbeschwerden. Zudem bezeichnet die Überschrift in § 51a GKG Verfahren nach dem KapMuG. Rechtsbeschwerden, die zwar das KapMuG betreffen, aber allein auf § 574 ZPO beruhen, sind keine solchen Verfahren nach dem KapMuG.
Rz. 21
Für anwaltliche Tätigkeiten im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 574 ZPO fallen eine 1,0-Verfahrensgebühr (VV 3502) und ggf. eine 1,2-Terminsgebühr (VV 3516) an. Es entstehen nicht über VV Vorb. 3.2.2 Nr. 1b die für das Revisionsverfahren geltenden Gebühren. Denn VV Vorb. 3.2.2 Nr. 1b bezieht sich nur auf die Rechtsbeschwerde nach § 20 KapMuG.