Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
aa) Begriff des Gegenstands
Rz. 32
Unter dem Begriff "Gegenstand" versteht man bewegliche und unbewegliche Sachen und Rechte, sodass die Bestimmung der Nr. 1, 2. Hs. auch auf Forderungen zutrifft. Bei diesen ist jedoch streitig, ob auf den objektiven Wert der Forderung abzustellen ist oder auf den, den sich der Gläubiger vorgestellt hat. Richtigerweise wird man den Wert des Gegenstandes bei Sachen und Forderungen nach den gleichen Kriterien bestimmen müssen. Nichts spricht dafür, insoweit Unterschiede zu machen. Der Wortlaut der Nr. 1, 2. Hs. ist insoweit eindeutig.
Beispiel 1: Der Anwalt erteilt dem Gerichtsvollzieher den Auftrag, wegen einer Geldforderung in Höhe von 10.000 EUR ein bestimmtes Gemälde zu pfänden. Dabei geht seine Vorstellung dahin, dass es sich bei dem Gemälde um ein Original handelt, dessen Verkehrswert als Original er zutreffend mit 8.000 EUR annimmt. Tatsächlich handelt es sich um eine sehr gut gemachte Fälschung, das Original befindet sich im Tresor in der Bank. Der Wert des gefälschten Gemäldes beträgt 3.000 EUR.
Beispiel 2: Der Anwalt erwirkt wegen einer Geldforderung in Höhe von 10.000 EUR einen Pfändungsbeschluss in eine Darlehensrückzahlungsforderung des Schuldners gegen X. Das Darlehen betrug ursprünglich 8.000 EUR. Der Anwalt geht davon aus, dass Rückzahlungen nicht erfolgt sind. Tatsächlich sind aber bereits 5.000 EUR zurückgezahlt worden, sodass die restliche Forderung nur noch 3.000 EUR beträgt.
Rz. 33
In beiden Fällen beträgt der Gegenstandswert nach richtiger Auffassung 3.000 EUR, weil dies dem objektiven Verkehrswert des jeweils gepfändeten Gegenstandes entspricht. Auf die bloß subjektiven Vorstellungen des Anwalts oder Gläubigers, die sich letztlich einer Kontrolle entziehen, kann es nicht ankommen. Dies ist auch keine Frage der Einbringlichkeit, denn bei der Verwertung können sich wiederum andere – meist geringere – Werte ergeben, auf die es aber ebenfalls nicht ankommt, sondern nur auf den objektiven Verkehrswert. Das ist auch keine Frage von sich erst nachträglich ergebenden Kriterien.
bb) Zeitpunkt der ersten Tätigkeit
Rz. 34
Das Kriterium ist der objektive Verkehrswert im Zeitpunkt der die Anwaltsgebühr auslösenden Tätigkeit (vgl. § 40 GKG). Der Wert liegt also von vornherein fest, nur erfährt der Gläubiger von diesem tatsächlichen Wert erst später. Das ist im Rahmen des vergleichbaren § 6 ZPO auch nicht anders, dort aber unbestritten. Warum sollte der Schuldner in den vorgenannten Fällen Gebühren aus einem höheren Gegenstandswert erstatten müssen? Nur weil der Gläubiger sich geirrt hat? So ist denn auch bislang noch keine Stimme laut geworden, die im umgekehrten Fall – der zu pfändende Gegenstand hat einen höheren als den vermuteten Wert, der aber immer noch unter dem der zu vollstreckenden Forderung liegt – diesen niedrigeren Wert zugrunde legen möchte.
Rz. 35
Soweit argumentiert wird, Grundregel für die Streitwertbemessung in der streitigen Gerichtsbarkeit sei stets allein das behauptete Interesse des Rechtsuchenden, so trifft dies in dieser Form nicht zu. Soweit es um bezifferte Anträge geht, ist zwar der vom Rechtsuchenden angegebene Wert – nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften – zugrunde zu legen. Dabei wird aber ein wesentlicher Unterschied außer Acht gelassen, dass nämlich im Rechtsstreit ein Ausgleich einer objektiv überhöhten Forderung des Klägers über die Kostenentscheidung möglich ist. Im Rahmen der Zwangsvollstreckung fehlt dieses Korrektiv – anders als noch in der 6. Auflage vertreten – allerdings nicht vollständig. In der Zwangsvollstreckung kann in gewissem Maße ein Ausgleich über § 788 ZPO erfolgen, weil der Schuldner danach nur notwendige Zwangsvollstreckungskosten zu erstatten hat. So hat in dem der Entscheidung des LG Düsseldorf zugrunde liegenden Fall der Rechtspfleger die Anwaltsgebühren für frühere erfolglose Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse jeweils nur in Höhe der nach einem Streitwert bis 300 EUR anfallenden Mindestgebühren als notwendige Zwangsvollstreckungskosten berücksichtigt.
Rz. 36
Auch der von Mock angeführte Ausweg einer Korrektur über § 766 ZPO erweist sich als Trugschluss, weil der Wert nicht herabgesetzt werden kann, wenn die – objektiv unzutreffende – Erwartung des Gläubigers vom Wert des Pfandgegenstandes maßgebend ist, denn der Ansatz war doch richtig. Soweit keine Geldsumme verlangt wird und auch eine Berechnung nach den §§ 4 bis 9 ZPO ausscheidet, i...