1. Interesse des Gläubigers

 

Rz. 64

Der Gegenstandswert richtet sich nach Nr. 3 nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat.[85] Es ist umstritten, ob der Wert der Hauptsache oder nur ein Bruchteil davon den Gegenstandswert bildet. Nach einer Auffassung besteht der Gegenstandswert hier in der Regel nur aus einem Bruchteil des Werts der Hauptsache.[86] Allerdings kann insoweit kein Regelbruchteil bestimmt werden. Maßgebend sind vielmehr die Umstände des konkreten Einzelfalls, wobei die heranzuziehenden Kriterien dieselben sind wie diejenigen für die Bemessung des Ordnungsgeldes. Etwaige Angaben des Vollstreckungsgläubigers zur (Mindest-)Höhe des festzusetzenden Ordnungsgeldes bilden die untere Grenze für den Wert des Vollstreckungsverfahrens.[87] Nach der Gegenauffassung handelt es sich bei dem Wortlaut von Abs. 1 Nr. 3 um nichts anderes als um eine Umschreibung für den Wert der Hauptsache, was es rechtfertigt, den Wert an der Hauptsache auszurichten.[88] Das somit maßgebliche Interesse des Gläubigers entspricht in der Regel dem Erfüllungsinteresse und damit in der Regel dem Wert der Hauptsache.[89] Dabei sind die Schwere, die Anzahl der Verstöße und die Vorwerfbarkeit bei der Bemessung mit zu berücksichtigen.[90] Ein Bruchteil des Hauptsachewerts kann aber dann eine Rolle spielen, wenn mit einem Zwangsgeld nicht die Erfüllung eines Leistungsanspruchs, sondern eines Auskunftsanspruchs durchgesetzt werden soll. Für einen Auskunftsantrag ist regelmäßig lediglich ein Bruchteil der Hauptsache anzusetzen, was dann auch auf die Vollstreckung durchschlägt.[91]

[85] Vgl. OLG München 7.2.2018 – 13 W 101/18, AGS 2018, 233 = JurBüro 2018, 247; OLG Hamm 21.5.2015 – I-4 W 77/14; OLG Naumburg 21.7.2014 – 10 W 34/14, AGS 2015, 523; OLG Saarbrücken 11.10.2011 – 5 W 211/11, AGS 2012, 82 = RVGreport 2012, 310; a.A. OLG Düsseldorf 10.1.2013 – I-20 W 137/12, zu § 890 ZPO.
[86] OLG Frankfurt 1.7.2019 – 6 W 46/19, AGS 2019, 411; OLG München AGS 2011, 248; OLG Celle JurBüro 2009, 441; KG AGS 2005, 304; OLG Düsseldorf 10.1.2013 – I-20 W 137/12, zu § 890 ZPO; OLG Stuttgart OLGR Stuttgart 2000, 430; LAG Hamburg RVGreport 2015, 153.
[88] OLG Hamm 31.7.2015 – I-4 W 86/14, RVGreport 2016, 76; OLG Hamm AGS 2015, 523; OLG Hamm 21.5.2015 – I-4 W 77/14; OLG Hamm AGS 2014, 518 = RVGreport 2014, 404; OLG München 3.6.2015 – 29 W 885/15; KG 22.8.2014 – 5 W 254/15; LG Flensburg 11.3.2020 – 6 HKO 18/19, AGS 2020, 187.
[89] Vgl. OLG Naumburg AGS 2015, 523; OLG Hamm 31.7.2015 – I-4 W 86/14, RVGreport 2016, 76; OLG Hamm AGS 2015, 523; OLG Hamm 21.5.2015 – I-4 W 77/14; OLG Hamm AGS 2014, 518 = RVGreport 2014, 404; KG 22.8.2014 – 5 W 254/14; OLG Brandenburg MDR 2014, 1414; OLG München 3.6.2015 – 29 W 885/15; OLG Rostock AGS 2009, 187 = JurBüro 2009, 105; BayObLG NJW-RR 2002, 1381; BayObLG NJW-RR 1989, 462; HessLAG AGS 2014, 519 = NZA-RR 2014, 496; LAG Hamburg 13.1.2011 – 7 Ta 2/11; LAG Rheinland-Pfalz 2.6.2009 – 1 Ta 98/09; OLG Köln AGS 2005, 262 = RVGreport 2005, 237 = OLGR Köln 2005, 259; OLG Nürnberg Rpfleger 1963, 218; KG JurBüro 1973, 150; N. Schneider, AGS 2010, 469, 471; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, § 25 Rn 36; offen: LAG Köln 8.2.2010 – 9 TaBV 76/09.
[90] LAG Hamm 5.10.2007 – 10 Ta 245/07, LAGE § 23 RVG Nr. 11; OLG Köln AGS 2005, 262 = OLGR Köln 2005, 259.

2. Einstweilige Verfügung

 

Rz. 65

Nr. 3 gilt insbesondere auch bei der Vollziehung einer einstweiligen Verfügung.[92] Die Anwendbarkeit ist ausdrücklich durch die Überschrift zu § 25 klargestellt (vgl. Rdn 3). Unter dem Wert der Hauptsache ist hier grds. der Streitwert des vorausgegangenen Verfügungsverfahrens zu verstehen.[93] Hat der Schuldner eine Abschlusserklärung abgegeben, steht die einstweilige Verfügung der Sache nach einem endgültigen Vollstreckungstitel gleich und kann der Hauptsachewert zugrunde gelegt werden.[94]

3. Höhe des Zwangs- oder Ordnungsgeldes

 

Rz. 66

Die Höhe eines im Rahmen der Verfahren nach §§ 888, 890 ZPO festgesetzten Zwangs- oder Ordnungsmittels ist für das Interesse nach wohl einhelliger Auffassung in der Regel ohne Bedeutung,[95] es sei denn, der Beschwerdeführer wendet sich ausschließlich gegen die Höhe des Zwangs- oder Ordnungsmittels.[96] Auch eine Strafandrohung im Urteil ist für den Gegenstandswert unerheblich, weil sie nicht den Anspruch selbst betrifft, sondern die Zwangsvollstreckung vorbereitet. Das OLG Frankfurt[97] ist allerdings davon ausgegangen, dass die Mindestangaben des Gläubigers im Vollstreckungsantrag zur Höhe des zu verhängenden Ordnungsgeldes die untere Grenze für den Streitwert des Vollstreckungsantrags nach § 890 ZPO bilden. Weil Angaben des Gläubigers zur Mindesthöhe des zu verhängenden Ordnungsgeldes zugleich maßg...

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