Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Interesse des Antragstellers
Rz. 84
Den Verfahren über Anträge des Schuldners ist gemeinsam, dass sich abstrakt ein konkreter Gegenstandswert nicht angeben lässt. Maßgebend ist das Interesse des antragstellenden Schuldners, das sich wiederum nur aus dem konkreten Antrag und dem damit verfolgten Ziel nach billigem Ermessen bestimmen lässt. Die Bestimmung gilt für alle Anträge des Schuldners in der Vollstreckung. Erfasst ist daher z.B. auch der Antrag des Schuldners auf Löschung im Schuldnerverzeichnis (§ 882e ZPO; vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 17). Der Tätigkeit des Gläubiger- und des Schuldnervertreters in einer Vollstreckungssache können daher unterschiedliche Gegenstandswerte zugrunde liegen.
Rz. 85
Der Gegenstandswert bei Rechtsbehelfen, Erinnerungen und Beschwerden des Schuldners ist in § 23 Abs. 2 mitgeregelt (siehe Rdn 93 ff.).
2. Vollstreckungsschutz (§§ 765a, 851a, 851b, 1084 Abs. 1 ZPO)
a) Interesse des Schuldners
Rz. 86
Bei einem Vollstreckungsschutzantrag ist der Gegenstandswert nach § 3 ZPO zu bestimmen. Maßgebend ist das Interesse des Schuldners an einer zeitlich begrenzten Verhinderung der Zwangsvollstreckung. Auf den Hauptsachewert kommt es nicht an.
Rz. 87
Das Ziel eines Vollstreckungsschutzantrags gem. § 765a ZPO ist im Regelfall nicht die vollständige und endgültige Verhinderung der Vollstreckung, sondern die Gewährung eines (zeitlichen) Aufschubs. Wird vom Schuldner beispielsweise eine einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens für sechs Monate angestrebt, um eine Einigung mit den Gläubigern herbeiführen zu können, hat der BGH dieses Interesse mit der Hälfte des sich aus § 26 Nr. 2 ergebenden vollen Gegenstandswerts bewertet.
b) Räumungsschutz
Rz. 88
Bei einem Vollstreckungsschutzantrag gegen eine Räumungsvollstreckung mit dem Ziel einer zeitlich begrenzten Weiternutzung kann das Interesse des Schuldners nach dem Mietwert der streitigen Zeit, bei absehbarer, aber noch unbestimmter Zeit auf den Jahresbetrag der Miete bemessen werden. Dabei dürfte es sich um den Maximalbetrag handeln, denn der Schuldner muss ja das Nutzungsentgelt weiterzahlen. Angemessen kann daher die Hälfte des Nutzungswerts sein. Dagegen spricht allerdings, dass auch bei dem Wert der Räumung die Zahlungspflicht des Schuldners unberücksichtigt bleibt. Bei einem Antrag gemäß § 765a ZPO auf Räumungsschutz aus einem Zuschlagsbeschluss gemäß § 93 ZVG bemisst sich der Wert auf 1/10 des nach dem Versteigerungsergebnis anzunehmenden Zuschlagwerts.
c) Kontopfändungsschutz (§ 850k ZPO)
Rz. 89
Den Wert für ein Kontenpfändungsschutzschutzverfahren gemäß § 850k ZPO hat das OLG Frankfurt nach der gesamten Zeit, in der die Pfändungsmaßnahme voraussichtlich fortdauern und das den laufenden Einkünften entsprechende Guthaben erfassen würde, bestimmt, den Wert jedoch in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 1 GKG auf den dreifachen Jahresbetrag begrenzt. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens kann auch der Höhe des freigegebenen Betrages entsprechen.
3. Einstweilige Einstellung (§§ 707, 719, 769 ZPO)
Rz. 90
Bei Anträgen des Schuldners auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung (§§ 707, 719, 732 Abs. 2, 765a, 766 Abs. 1 S. 2, 769 ZPO) ist Grundlage für das Interesse die zu vollstreckende Forderung, im Falle des Abs. 1 Nr. 1 einschließlich Zinsen und Kosten, allerdings gemäß § 3 ZPO nur ein Bruchteil (üblich etwa 1/5) davon, wenn es – wie regelmäßig – nur um einen zeitweisen Aufschub der Vollstreckung geht.
4. Anordnung der Zwangsverwaltung
Rz. 91
Richtet sich der Antrag des Schuldners gegen die Anordnung der Zwangsverwaltung, kann das maßgebliche Interesse des Schuldners mit dem Jahresbetrag der durch die Zwangsverwaltung entzogenen Mieteinnahmen angesetzt werden.