1. Geltungsbereich (Abs. 1 S. 2)
Rz. 53
Abs. 1 S. 2 findet nur Anwendung auf Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG anzuwenden ist. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 GKG findet das GKG in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit Anwendung, soweit dies im SGG bestimmt ist. Nach § 197a Abs. 1 S. 1, 1. Hs. ist das GKG anzuwenden, wenn weder der Kläger noch der Beklagte (die in Betracht kommenden Auftraggeber) zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören (zu der Frage, wer zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört, siehe Rdn 8–20).
Rz. 54
Das GKG findet nach § 202 S. 2 SGG auch in den Entschädigungsverfahren nach §§ 198 GVG Anwendung. Auch für an sich kostenfreie Kläger (§ 183 SGG) sind Entschädigungsklagen, die wegen einer überlangen Verfahrensdauer geführt werden, nicht gerichtskostenfrei, die Rechtsanwaltsgebühren bestimmen sich nach dem Streitwert.
Rz. 55
Erst durch das 2. KostRMoG wurde durch eine Änderung des § 3 Abs. 1 S. 1 klargestellt, dass in Vollstreckungsverfahren nach § 201 SGG – Vollstreckung aus Verpflichtungs-, Grundurteilen usw. – für die das Gericht der Hauptsache zuständig ist, nach Streitwert abzurechnen ist. Der Streitwert bemisst sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung, Duldung oder Unterlassung für den Gläubiger hat. Auf die Höhe des anzudrohenden oder zu verhängenden Zwangsgeldes kommt es nicht an. Die Festsetzung erfolgt nur auf Antrag (§ 33 Abs. 1). In den Vollstreckungsverfahren nach § 199 SGG, für die die Vollstreckungsgerichte zuständig sind, kommt es ebenso wenig zur Anwendung der Betragsrahmengebühren.
2. Wertgebühren in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (Abs. 1 S. 2)
Rz. 56
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG anzuwenden ist, werden die Gebühren nach Abs. 1 S. 2 nach dem Gegenstandswert berechnet. Die Gebührentatbestände und die Höhe der einzelnen Wertgebühren nach dem Gegenstandswert sind ebenfalls im Vergütungsverzeichnis niedergelegt. Sie werden nachstehend lediglich im Überblick dargestellt, ohne umfassend behandelt zu werden. Wegen Einzelheiten wird auf die Kommentierung der genannten Vorschriften des Vergütungsverzeichnisses verwiesen.
a) Mehrere Auftraggeber
Rz. 57
Vertritt der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber, so erhält er die entstehenden Wertgebühren nur einmal (§ 7 Abs. 1). Nach VV 1008 erhöht sich bei Wertgebühren aber eine anfallende Verfahrens- oder Geschäftsgebühr für jeden weiteren Auftraggeber um 0,3, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist. Die Erhöhung wird nach dem Betrag berechnet, an welchem die Personen gemeinschaftlich beteiligt sind. Mehrere Erhöhungen dürfen bei Wertgebühren einen Gebührensatz von 2,0 nicht übersteigen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts führt die Vertretung einer Gemeinschaftspraxis in Vertragsarztangelegenheiten nicht zur Anwendung von VV 1008. Das Bundessozialgericht begründet dies mit dem besonderen vertragsarztrechtlichen Status, mit dem eine Gemeinschaftspraxis an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt. Dieser sei unteilbar. Er steht jedenfalls dann, wenn Ansprüche dieser Gemeinschaftspraxis verfolgt werden oder eine Gemeinschaftspraxis sich gegen Honorarkürzungen oder Arzneiregresse wehrt, einer Aufspaltung in mehrere einzelne Ärzte mit der Folge entgegen, dass diese dann gebührenrechtlich als mehrere Auftraggeber zu behandeln wären.
b) Wertgebühr bei Einigung oder Erledigung, VV Teil 1
Rz. 58
Nach VV 1003, 1000 erhält der Rechtsanwalt eine 1,0 Einigungsgebühr und nach VV 1003, 1002 eine 1,0-Erledigungsgebühr.
Rz. 59
Nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 zu VV 1000 entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Diese Erläuterung stellt sowohl durch die Änderung der Bezeichnung "Vergleichsgebühr" in "Einigungsgebühr" wie auch durch die neu formulierten Voraussetzungen klar, dass es nicht mehr auf den Abschluss eines echten Vergleichs ankommt; vielmehr soll es genügen, wenn durch Vertrag der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.
Nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 zu VV 1000 entsteht die Einigungsgebühr aber auch bei der Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den die Erfüllung des Anspruchs bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung und, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigen Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen geregelt wird (Zahlungsvereinbarung).
Rz. 60
Die Einigungsgebühr entsteht nach Anm. Abs. 2 zu VV 1000 auch für die Mitwirkung bei Vertragsverhandlungen, es sei denn, dass diese für den Abschluss des Vertrags nic...