Lotte Thiel, Norbert Schneider
Rz. 204
Da der Anwalt nur ein Rechtsschutzinteresse daran hat, sich gebührenrechtlich zu verbessern, ist nur seine Erhöhungsbeschwerde zulässig. Dieses Recht hat er allerdings auch, wenn er sich selbst vertritt.
Rz. 205
Es kommt immer wieder vor, dass ein Anwalt routinemäßig so oder ähnlich diktiert:
Zitat
"In Sachen pp. wird gegen den Beschl. v. ... Beschwerde eingelegt." oder "lege ich Beschwerde ein".
In solchen Fällen bleibt dem Wortlaut nach unklar, für wen die Beschwerde eingelegt worden ist: für den Mandanten oder vom Anwalt in eigener Sache? Die Rechtsprechung nimmt in der Regel ohne Weiteres an, dass dann eine Erhöhungsbeschwerde vom Anwalt persönlich und eine Herabsetzungsbeschwerde für die Partei eingelegt worden ist. Das OLG Dresden geht zutreffend von einem Auslegungsgrundsatz aus, wonach "bei Unklarheit über die Art des eingelegten Rechtsbehelfs davon auszugehen ist, dass der Antragsteller das prozessual "Vernünftige" anstrebt."
Rz. 206
Folgerichtig hat das LAG Niedersachsen entschieden, dass die vom Prozessbevollmächtigten mit dem Ziel eingelegte Beschwerde, den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für Rechtsstreit und Vergleich zu erhöhen, trotz der Formulierung "namens und im Antrag der Beklagten" als Beschwerde des Prozessbevollmächtigten selbst auszulegen ist.
Rz. 207
Hat das Gericht gleichwohl Bedenken, dann muss es nach § 139 ZPO den Anwalt auf die Unklarheit hinweisen und konkrete Angaben anregen.
Rz. 208
Da der Anwalt leider immer mit einer formalistischen Auslegung zu seinen Ungunsten rechnen muss, sollte stets klar ausgedrückt werden, dass er Beschwerde im eigenen Namen einlege.
Rz. 209
Es kommt auch vor, dass der Anwalt Erhöhungsbeschwerde "namens und im Auftrag der Partei" einlegt. Dann ist die Beschwerde dem Wortlaut nach mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Jedoch muss das Gericht den Anwalt auch dann darauf hinweisen und ihm Gelegenheit zur Berichtigung geben. In aller Regel handelt es sich nämlich um ein Versehen. Das Gericht darf dem Anwalt nicht ohne Rückfrage unterstellen, er habe bewusst eine unzulässige Erhöhungsbeschwerde für seine Partei eingelegt.
Rz. 210
Nur ausnahmsweise kann eine Partei auch einmal durch einen zu geringen Wert beschwert sein, nämlich dann, wenn sie mit ihrem Anwalt eine wertunabhängige Vergütungsvereinbarung getroffen hat und bei einem höheren Streitwert einen höheren Erstattungsanspruch erzielen würde. Die Beschwer ist in diesem Fall durch Vorlage der Vergütungsvereinbarung glaubhaft zu machen.
Rz. 211
Alle diese Auslegungszweifel sollten bei korrekter Sachbearbeitung nicht vorkommen. Der Anwalt sollte stets ausdrücklich darauf hinweisen, wenn er selbst als Beschwerdeführer auftritt.
Rz. 212
Die Herabsetzungsbeschwerde des Mandanten ist auch zulässig, wenn die Kosten des Rechtsstreits dem Gegner auferlegt werden. Dessen Pflicht zur Kostenerstattung ändert nichts daran, dass der Mandant Gebührenschuldner seines Anwalts ist.
Rz. 213
Unzulässig ist aber eine Herabsetzungsbeschwerde "im Namen des Mandanten", wenn dieser gar keinen entsprechenden Auftrag erteilt hat, sondern der Anwalt nur auf Weisung des Rechtsschutzversicherers tätig wird. Zur Obliegenheit einer Streitwertbeschwerde siehe ausführlich AG Hamburg.
Rz. 214
Der VGH Mannheim verneint das Rechtsschutzinteresse für eine Beschwerde, wenn der Anwalt mit dem im Rechtsstreit unterlegenen Mandanten eine Vergütungsvereinbarung getroffen hat. Daran sei er gebunden und verliere dadurch das Recht, eine Erhöhungsbeschwerde gegen eine Streitwertfestsetzung einzulegen. Sein Interesse, für sein weiteres Tätigwerden für diesen Mandanten nach dem höheren Wert abrechnen zu können, sei nicht schutzwürdig. Dem ist nicht zu folgen. Weder im Festsetzungsverfahren noch im Beschwerdeverfahren kommt es auf die Absprachen zwischen Anwalt und Mandant an. Beide haben einen Anspruch auf richtige Wertfestsetzung. Daran ändert auch eine Honorarvereinbarung nichts. Sie könnte sich beispielsweise wegen Formmangels (§ 4 Abs. 1) als unwirksam erweisen; oder Anwalt und Mandant könnten sich entschließen, nicht danach abzurechnen. Im Verfahren auf Festsetzung des Gegenstandswerts sind die internen Beziehungen des Mandatsvertrags nicht vorgreiflich und nicht zu klären.