Lotte Thiel, Norbert Schneider
a) Zeitpunkt der Wertfestsetzung
Rz. 45
Sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergangen ist oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat, muss das Gericht grundsätzlich den Streitwert endgültig festsetzen (§ 63 Abs. 2 S. 1 GKG). Eine Teil-Wertfestsetzung ist im GKG nicht vorgesehen. Daher ist auch nach Erlass eines Teilurteils keine endgültige Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG möglich. Das gilt selbst dann, wenn durch ein Teilurteil ein Teil des Streitgegenstands endgültig aus dem Rechtsstreit ausscheidet, etwa im Falle eines Teilurteils gegen einen von mehreren Beklagten.
Rz. 46
Das Gericht ist nach § 63 Abs. 2 S. 1 GKG auch von Amts wegen verpflichtet, einen eventuellen Vergleichs(mehr)wert festsetzen, wenn ein Vergleich (auch) über nicht anhängige Gegenstände geschlossen worden ist, da insoweit eine gesonderte Gerichtsgebühr nach GKG-KostVerz. 1900 ausgelöst wird. Einer endgültigen Wertfestsetzung bedarf es lediglich dann nicht, wenn das Gericht bereits einen Streitwert für die Zuständigkeit des Gerichts (Zuständigkeitsstreitwert) oder für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels festgesetzt hat und dieser Wert nach § 62 GKG auch für den Gebührenstreitwert gilt (§ 63 Abs. 2 GKG).
Rz. 47
Beendet ist das Verfahren, wenn
▪ |
eine die Instanz abschließende Entscheidung ergeht, |
▪ |
die Klage oder ein sonstiger Antrag zurückgenommen wird, |
▪ |
das Rechtsmittel zurückgenommen wird, |
▪ |
die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wird oder |
▪ |
die Beteiligten einen Vergleich schließen, der den Streitgegenstand erledigt. |
Rz. 48
Erforderlich ist, dass das gesamte Verfahren beendet worden ist. Ein Teilurteil, eine Teilrücknahme, eine teilweise Erledigung oder ein Teilvergleich reichen nicht, ebenso wenig die Rücknahme nur der Klage oder Widerklage oder eines von mehreren Rechtsmitteln, wenn im Übrigen das Verfahren noch rechtshängig ist.
Rz. 49
Erledigt ist das Verfahren abgesehen von den Fällen der Beendigung dann, wenn es, ohne förmlich beendet worden zu sein, von den Beteiligten nicht mehr betrieben wird.
b) Form der endgültigen Wertfestsetzung
Rz. 50
Die endgültige Wertfestsetzung ergeht durch Beschluss (§ 63 Abs. 2 S. 1 GKG). Der Beschluss kann im Urteil als Nebenentscheidung enthalten sein. Das Gericht kann aber auch einen gesonderten Wertfestsetzungsbeschluss erlassen.
Rz. 51
Statt durch gesonderten Beschluss wird die Wertfestsetzung regelmäßig mit der Entscheidung über den Gegenstand des Verfahrens verbunden. Am Ende der Entscheidungsgründe steht dann der Zusatz: "Streit- oder Verfahrenswert ... EUR". Das geschieht aus Vereinfachungsgründen. Es erübrigt sich ein eigenes Rubrum, und es muss nicht doppelt unterschrieben werden.
Rz. 52
Darauf, dass es sich bei der Wertfestsetzung stets um einen richterlichen Beschluss handelt, wird in allgemeinen Zivilsachen häufig immer noch nicht besonders hingewiesen und auch keine Rechtsmittelbelehrung erteilt. Dies ist jedoch unzutreffend, da seit der Einführung des § 5b GKG jede Kostenrechnung und jede anfechtbare Entscheidung eine Belehrung über den statthaften Rechtsbehelf zu enthalten hat sowie über die Stelle, bei der dieser Rechtsbehelf einzulegen ist, über deren Sitz und über die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten hat.
c) Zuständigkeit für die endgültige Wertfestsetzung
Rz. 53
Zuständig für die endgültige Wertfestsetzung ist das mit der Hauptsache befasste Gericht. Im Falle einer Verweisung oder einer Abgabe ist das Empfangsgericht zuständig, den Streitwert festzusetzen. Soweit ein vorangegangenes selbstständiges Beweisverfahren vor einem anderen Gericht stattgefunden hat als der nachfolgende Rechtsstreit, ist das Gericht des Beweisverfahrens für die Festsetzung des Werts für die Gebühr der GKG-KostVerz. 1610 zuständig und das Prozessgericht für die Festsetzung des Werts der Gebühr der GKG-KostVerz. 1210. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen, so ist das Prozessgericht sowohl für die Festsetzung des Werts der Gebühr nach GKG-KostVerz. 1100 zuständig als auch für die Gebühr der GKG-KostVerz. 1210.
Rz. 54
Im Falle einer Trennung setzen die jeweiligen Gerichte, die nach der Trennung zuständig sind, für die getrennten Verfahren den jeweiligen Wert endgültig fest.
Rz. 55
Bei einer Verbindung mehrerer Verfahren geht die Zuständigkeit der Wertfestsetzung auf das Gericht des verbundenen Verfahrens für das gesamte Verfahren über.