Lotte Thiel, Norbert Schneider
Rz. 56
Das Gericht entscheidet über die Wertfestsetzung durch Beschluss. Im Beschlusstenor ist der Wert für die anfallenden Gerichtsgebühren anzugeben. In den meisten Fällen wird nur eine Gerichtsgebühr für das Verfahren im Allgemeinen erhoben, so dass auch nur ein Wert festzusetzen ist. Setzt sich der Wert für die Gerichtsgebühren aus mehreren Teilwerten zusammen, so insbesondere bei einer objektiven Klagenhäufung (§ 39 Abs. 1 GKG), bei Klage und Widerklage (§ 45 Abs. 1 GKG) oder beschiedenen Hilfsanträgen oder Hilfsaufrechnungen (§ 45 Abs. 2, 3 GKG), reicht es, den Gesamtwert festzusetzen, da auch in diesen Fällen nur eine Gebühr erhoben wird. Der Beschluss über die Wertfestsetzung ist zu begründen. Begründet das Gericht nicht, so kann dieser Umstand eine Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht zur Folge haben. Jeder Festsetzungsbeschluss muss begründet werden, weil die Entscheidung für den Rechtsanwalt beschwerdefähig sein kann. Das gilt nicht für die vorläufige Wertfestsetzung, da es hiergegen keine Beschwerdemöglichkeit gibt, weil jederzeit eine Abänderungsmöglichkeit besteht, bis zur endgültigen – dann anfechtbaren – Wertfestsetzung, z.B. in Form einer Gegenvorstellung.
Rz. 57
Eine Begründung ist auch verfassungsrechtlich geboten. Es besteht ein grundrechtlicher Anspruch darauf, dass das Gericht den Sachvortrag der am Verfahren Beteiligten zur Kenntnis nimmt und ihn sachgerecht würdigt. Damit überprüft werden kann, ob das geschehen ist, müssen die wesentlichen Ausführungen der Beteiligten in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrages eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von ausschlaggebender Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen.
Rz. 58
Ist der Wert ohne Begründung festgesetzt worden, dann muss die Begründung auf eine Beschwerde hin zumindest im Nichtabhilfebeschluss bei Vorlage an das Beschwerdegericht nachgeholt werden. Geschieht auch das nicht, kann das zur Aufhebung und Zurückverweisung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels führen.
Rz. 59
Anders verhält es sich nur, wenn sich die tatsächlichen und rechtlichen Überlegungen des Erstrichters zum Wert ohne Weiteres den Gerichtsakten entnehmen lassen.
Rz. 60
Eine Begründung kann ausnahmsweise unterbleiben, wenn der Wert offensichtlich ist, etwa bei einer bezifferten Geldforderung.
Rz. 61
Soweit mehrere Gerichtsgebühren anfallen, ist für jede Gerichtsgebühr der maßgebende Wert festzusetzen. Mehrere Wertfestsetzungen sind auch dann vorzunehmen, wenn neben der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen eine Vergleichsgebühr nach GKG-KostVerz. 1900 erhoben wird.
Beispiel In einem Rechtsstreit haben die Parteien einen Vergleich auch über eine nicht rechtshängige Forderung geschlossen. Das Gericht muss jetzt zwei Werte festsetzen. Zum einen muss es einen Wert für das Verfahren festsetzen, da sich hiernach die Gebühr GKG-KostVerz. 1210, 1211 und eine weitere Gebühr für den (Mehr-)Wert des Vergleichs berechnet, weil hieraus eine 0,25-Gebühr nach GKG-KostVerz. 1900 ausgelöst worden ist.
Rz. 62
Gestaffelte Wertfestsetzungen sind unzulässig, kommen in der Praxis aber regelmäßig vor. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 63 Abs. 2 S. 1 GKG ist der "Wert für die zu erhebenden Gebühren festzusetzen". Der Kostenbeamte soll aufgrund des Streitwertbeschlusses in die Lage versetzt sein, zu entscheiden, nach welcher Wertstufe er die angefallenen Gerichtsgebühren anzusetzen hat.
Rz. 63
Deshalb ist auch eine Festsetzung nach Zeitabschnitten unzutreffend, weil sie nicht ermöglicht, den Wert der jeweiligen Gebühr eindeutig zu bestimmen. Ebenso sind gestaffelte Wertfestsetzungen für einzelne Anträge ohne Aussagekraft, wenn nicht zugleich der Gesamtwert angegeben wird. Das betrifft insbesondere Klage- und Widerklage. Die Werte von Klage- und Widerklage können zu addieren sein (§ 45 Abs. 1 S. 1 GKG). Es kann aber auch sein, dass nur der höhere Wert gilt, und zwar dann, wenn derselbe Gegenstand zugrunde liegt (§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG). Es kann auch teilweise zu addieren sein, wenn nur eine Teilidentität besteht. Daher bedarf es auch hier immer der Festsetzung des Gesamtwerts.