Lotte Thiel, Dr. iur. Thomas Eder
Rz. 111
Eine Kappung seiner Vergütung muss der Anwalt nur hinnehmen, sofern er einen Verbraucher gemäß § 13 BGB beraten oder für diesen ein Gutachten erstellt hat. Damit verweist Abs. 1 S. 3 auf die zivilrechtliche Legaldefinition in § 13 BGB.
Davon zu unterscheiden ist der in § 14 BGB normierte Unternehmerbegriff:
Rz. 112
Für die Abgrenzung beider Vorschriften ist entscheidend, in welcher Funktion und zu welchem Zweck der Auftraggeber den Anwalt mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen im Einzelfall betraut. Maßgeblich ist dabei die Auslegung des Rechtsgeschäfts anhand objektiver Begleitumstände. Unter "Rechtsgeschäft" i.S.d. § 13 BGB ist der Anwaltsvertrag zu verstehen. Schließt der Auftraggeber diesen Vertrag zu einem Zweck, der seiner gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen ist, fehlt ihm insoweit die Verbrauchereigenschaft, weshalb Abs. 1 S. 3 nicht greift. Schließt er dagegen den Anwaltsvertrag zu einem anderen – privaten – Zweck, greift die Kappungsgrenze.
Beispiel: Der selbstständige Unternehmer lässt sich vom Anwalt beraten, weil er einem Arbeitnehmer kündigen will. Darüber hinaus lässt er sich beraten, weil er sich von seiner Ehefrau trennen und scheiden lassen will.
Die arbeitsrechtliche Beratung richtet sich auf die selbstständige berufliche Tätigkeit des Auftraggebers. Folglich findet hier eine Begrenzung der Beratungsgebühr nicht statt. Der Beratung hinsichtlich der Ehescheidung liegt jedoch kein gewerblicher Zweck zugrunde, der der selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Hier kommt zugunsten des Unternehmers die Begrenzung nach Abs. 1 S. 3 zum Tragen.
Rz. 113
Behauptet der Auftraggeber gegenüber dem Rechtsanwalt wahrheitswidrig seine Verbrauchereigenschaft, kann er dem anwaltlichen Gebührenanspruch das Privileg des Abs. 1 S. 3 nicht entgegen halten. Eine Berufung auf die Kappungsgrenzen verstieße gegen § 242 BGB.
Rz. 114
Existenzgründer sind bis zum Beginn ihrer unternehmerischen Tätigkeit als Verbraucher anzusehen; gerade in der start-up-Phase bedürfen sie des Verbraucherschutzes. Ein Arbeitnehmer ist als Verbraucher anzusehen, wenn er sich in arbeitsrechtlichen Fragen an einen Rechtsanwalt wendet. Freiberufler (Ärzte, Rechtsanwälte etc.) können – abhängig vom Inhalt des dem Rechtsanwalt erteilten Auftrags – Verbraucher oder Unternehmer sein. Eine GbR kann sich auf ihren Verbraucherstatus nicht berufen, sofern sie den Anwaltsvertrag in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit abschließt. Für die anderen Personengesellschaften (OHG, KG, PartGG, EWIV) gilt nach § 14 Abs. 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 BGB Entsprechendes. Der GmbH-Geschäftsführer ist hingegen Verbraucher, und zwar auch dann, wenn er eine Schuld oder eine Bürgschaft zugunsten seiner Gesellschaft übernimmt. Bei der Stellvertretung des Auftraggebers durch einen Unternehmer findet Abs. 1 S. 3 grundsätzlich keine Anwendung. Wegen weiter Kasuistik sei auf die einschlägigen Kommentierungen zu §§ 13 f. BGB verwiesen.