Rz. 47

Bei der Übernahme des Mandats sollte sich der Anwalt unbedingt versichern, dass der Auftrag des Mandanten auf die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens gerichtet ist. Die Unterscheidung zwischen gutachtlicher und beratender Tätigkeit ist bereits mit Blick auf die Anrechnungsvorschrift des Abs. 2 von großer Bedeutung. Sie gilt nur für die Beratung, nicht aber für die Gutachtertätigkeit (siehe Rdn 133). Im Zweifel ist lediglich von einem Beratungsauftrag auszugehen.[55]

 

Rz. 48

Schwierig kann im Einzelfall die Abgrenzung zwischen einem schriftlichen Gutachten und einem schriftlichen Rat i.S.d. Abs. 1 S. 1 sein. Ein Rat braucht indes nur kurz begründet zu sein; überdies formuliert er regelmäßig eine konkrete Verhaltensempfehlung für den Mandanten. Das Gutachten enthält demgegenüber eine umfassende Würdigung der Sach- und Rechtslage. Im Gegensatz zum Rat wird dem Mandanten nicht nur das Ergebnis einer rechtlichen Prüfung kommuniziert; er erfährt vielmehr auch, mit welchen Überlegungen der Anwalt zu einem bestimmten Ergebnis gelangt ist.[56]

 

Rz. 49

Abzugrenzen ist das Gutachten i.S.v. Abs. 1 S. 1 weiterhin von der gutachtlichen Äußerung des Verkehrsanwalts nach der Anm. zu VV 3400. An diese Äußerung sind nach Umfang und Inhalt geringere Anforderungen zu stellen. Zudem richtet sich die gutachtliche Äußerung an den Rechtsmittelanwalt, während das Gutachten sich an den Auftraggeber richtet, um ihm eine Entscheidungshilfe zu geben.[57]

 

Rz. 50

Auf die auftragsgemäße Anfertigung eines wissenschaftlichen Aufsatzes mit einem "bestellten" Ergebnis hat das OLG Naumburg die Regelung des § 34 Abs. 1 entsprechend angewandt.[58] Richtet sich der dem Anwalt erteilte Auftrag auf die Anfertigung eines Gutachtens über die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels, wird die allgemeine Regelung des Abs. 1 S. 1 durch die Spezialvorschriften der VV 2101, 2103 verdrängt (siehe dazu Rdn 83 ff.).

[55] Vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, § 34 Rn 24.
[56] OLG München JurBüro 1992, 103; Bischof/Jungbauer/Bischof, RVG, § 34 Rn 37; Gerold/Schmidt/Mayer, § 34 Rn 25; Schalhorn, JurBüro 1972, 379.
[57] OLG Köln JurBüro 1978, 870; Hansens, BRAGO, § 21 Rn 1.

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