Rz. 127
Abs. 3 S. 2 verweist hinsichtlich der Zahlungen, die der Auftraggeber auf die nichtige Vergütungsvereinbarung bereits geleistet hat, auf die Vorschriften des BGB über die ungerechtfertigte Bereicherung. Der Reformgesetzgeber hat die spezielle Kondiktionsregel des § 4 Abs. 5 S. 1 a.F. durch das allgemeine Bereicherungsrecht ersetzt. Der Rechtsanwalt kann sich daher seit dem 1.7.2008 nur noch auf den Rückforderungsausschluss nach § 814 BGB berufen.
Rz. 128
Abs. 3 S. 2 hat lediglich deklaratorischen Charakter. Es handelt sich nicht um eine Rechtsfolgenverweisung. Die Voraussetzungen der §§ 812 ff. BGB sind daher im Einzelfall darzulegen und zu beweisen. Dazu gehört nach § 814 BGB der Nachweis des Rechtsanwalts, dass sein Mandant die neben der PKH vereinbarte Vergütung in Kenntnis der Nichtschuld geleistet hat (dazu siehe § 4b Rdn 16 f.). Die allgemeine Kondiktionsregel des § 814 BGB bedarf jedoch bereits mit Blick auf die Entscheidung des BGH vom 8.6.2004 einer spezifisch vergütungsrechtlichen Interpretation. Die gleichlautenden Verweise in §§ 3a Abs. 3 S. 2 und 4b S. 2 sind danach wie folgt auszulegen:
Zitat
"Leistet der Mandant an den Rechtsanwalt in Kenntnis der Tatsache, dass die gesetzliche Vergütung überschritten wird, kann er das Geleistete später nicht deshalb zurückfordern, weil die Vergütungsvereinbarung unwirksam ist."
Rz. 129
Problematisch ist die Durchsetzbarkeit einer vereinbarten Vergütung bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung, also wenn der Anwalt mit dem Mandanten die "Zuzahlung" in Höhe der Differenz zwischen den Pflichtgebühren und den Wahlanwaltsgebühren vereinbart. Nach Abs. 3 ist eine solche Vereinbarung nicht zu beanstanden. Nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO darf der beigeordnete Anwalt allerdings seine gesetzlichen Gebühren gegenüber den Mandanten nicht geltend machen. Diese Vorschrift enthält eine Forderungssperre für die Zeit der Beiordnung. Wird die Beiordnung später aufgehoben, fällt die Sperre weg und der Anwalt kann die volle gesetzliche Wahlanwaltsvergütung verlangen. Im Falle einer bloßen Abänderung (Ratenzahlung oder Einmalzahlung) kann der Anwalt die Differenz dagegen nicht verlangen (häufige Fehlerquelle). Der Anwalt muss hier den Weg über die Landeskasse gehen. Das heißt, er muss seine weitergehende Vergütung im Verfahren nach § 50 RVG anmelden. Die Landeskasse zieht dann die Raten oder eine Einmalzahlung bei der bedürftigen Partei ein und bezahlt daraus dann die weitergehende Vergütung des Anwalts, sofern die Zahlungen der bedürftigen Partei diese mit abdecken.
Rz. 130
Fasst man beide Regelungen, also die des Abs. 3 und die des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, zusammen, ergibt sich scheinbar ein Dilemma, da das RVG dem Anwalt erlaubt, etwas zu vereinbaren, von dem die ZPO es verbietet einzufordern. Wie dieser scheinbare Konflikt zwischen Abs. 3 und § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu lösen ist, ist in der Rechtsprechung bisher – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden. Die Kommentarliteratur ist, sofern sie das Problem überhaupt behandelt, uneins.
Rz. 131
Nach der Auffassung von Mayer, soll die Vereinbarung bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung zwar wirksam sein; nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO soll der Anwalt allerdings für die Dauer seiner Beiordnung ausnahmslos gehindert sein, die Vergütung einzufordern. Werde allerdings die Prozess- und Verfahrenskostenhilfe aufgehoben, dann falle die Sperrwirkung weg und der Anwalt könne aus der Vereinbarung vorgehen. Gegen diese Auslegung spricht allerdings, dass Abs. 3 in diesem Falle sinnlos wäre. Wird die Beiordnung aufgehoben, dann stehe dem Anwalt gegen seinen Mandanten ohnehin die gesetzliche Vergütung zu, auch ohne dass er diese mit ihm vereinbart hat. Die Möglichkeit, nach Abs. 3 eine Vergütungsvereinbarung bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung zu schließen, wäre damit sinnlos, weil nur vereinbart werden könnte, was bereits gesetzlich gilt.
Rz. 132
Des Weiteren wird vertreten, der Anwalt dürfe eine Vereinbarung nach Abs. 3 schließen; er sei jedoch nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO daran gehindert, die Vergütung einzufordern; zahle der Mandant jedoch freiwillig und vorbehaltlos, dann dürfe der Anwalt diese Vergütung behalten. Der Mandant könne sie dann nicht zurückfordern. Auch diese Auslegung ergibt wenig Sinn. Der Rückforderungsausschluss, wonach eine Zahlung nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Zahlende in Kenntnis seiner Nichtschuld zahlt, regelt bereits § 814 BGB. So würde ein Mandant, der in Kenntnis dessen, dass er nicht zur Zahlung verpflichtet ist und dem Anwalt ohne Vereinbarung freiwillig die gesetzlichen Gebühren zahlt, diese auch nicht zurückverlangen können (§ 814 BGB). Von daher fragt es sich, warum hierüber dann noch eine Vereinbarung getroffen werden muss.
Rz. 133
Die zutreffende Lösung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Das Dilemma ist nämlich nur ein scheinbares. Tatsächlich besteht gar kein Konflikt zwischen diesen beiden Regelungen. Nach § 122 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ist der Anwalt nur gehindert, die ges...