a) Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit
Rz. 62
Gegenüber dem Pauschalmodell bietet eine zeitabhängige Abrechnung den Vorteil, den tatsächlichen Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts vergütungstechnisch exakt widerspiegeln zu können. Auch das Modell der Zeitvergütung ist unabhängig davon zulässig, ob eine unter oder über den gesetzlichen Gebühren liegende Vergütung vereinbart wird. In der Praxis ist das Zeithonorar das populärste Vergütungsmodell.
Rz. 63
Eine Zeitvergütung ist z.B. dann sinnvoll, wenn Probleme bei der Feststellung des Gegenstandswertes auftreten oder das übernommene Mandat in rechtlicher und/oder tatsächlicher Hinsicht einen hohen Arbeitsaufwand erfordert, etwa bei Fällen mit Auslandsbezug oder bei weitgehend ungeklärter Rechtslage. Gegenüber der Pauschalvergütung vorzugswürdig ist die Zeitvergütung überdies in allen Fällen, in denen der Arbeitsaufwand bei Übernahme des Mandats nicht überschaubar ist. Für den Rechtsanwalt ist die zeitbasierte Vergütung ein risikoarmes Modell; das Kostenrisiko trägt der Mandant. Er ist in besonderer Weise auf die Redlichkeit und Fairness des Anwalts angewiesen. Zwar ist der Anwalt als Ausfluss seiner vertraglichen Treuepflicht zu einer effektiven und zugleich Zeit schonenden Arbeitsweise verpflichtet; sein Mandant kann die Einhaltung dieses Wirtschaftlichkeitsgebots indes nicht kontrollieren.
b) Abrechnungstakte
Rz. 64
Strittig ist, ob und welche Zeittakte zulässigerweise vereinbart werden können. Als erstes Gericht hatte das OLG Düsseldorf jedenfalls bei einer formularmäßigen Klausel dieser Art wegen unangemessener Benachteiligung des Mandanten einen Verstoß gegen § 307 BGB angenommen. Die Abrechnung jeder einzelnen Handlung nach einem Viertelstundentakt führe nach Ansicht des OLG Düsseldorf seitens des Anwalts zu einer "eigensüchtigen Aufblähung des Zeitaufwands" ohne Rücksicht auf das Wirtschaftlichkeitsgebot.
Dagegen hatte sich das OLG Schleswig dafür ausgesprochen, dass allein die Vereinbarung eines Zeittakts, nach dem der Anwalt je angefangene 15 Minuten abrechnen darf, nicht unangemessen sei. Zu überprüfen sei vielmehr im Einzelfall, ob ein Missbrauch des Anwalts bei der Anwendung der Zeittaktklausel vorliege (sog. Ausübungskontrolle). Auch das LG München I hatte zunächst keine Bedenken.
Der BGH schließlich hatte die Frage der generellen Unangemessenheit einer solchen Klausel zunächst offen gelassen, da eine Einzelfallentscheidung zugrunde lag, die weder rechtsgrundsätzlich sei noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung allgemein beantwortet werden müsse.
Das OLG Karlsruhe hatte keine Bedenken gegen eine solche Zeittaktung, hat aber klargestellt. dass diese jedenfalls eine entsprechende Vereinbarung erfordere. Der Anwalt dürfe nicht von sich aus einfach nach einer beliebigen Taktung abrechnen.
Das LG Köln wiederum hat in zwei Entscheidungen eine 15-Minuten-Taktung als unzulässig angesehen.
Schließlich ist die Frage dann aufgrund zweier Entscheidungen des OLG München erneut dem BGH vorgelegt worden, der jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern eine 15-Minutentaktung als unangemessen ansieht.
Ob eine 15-Minutentakt-Klausel gegenüber einem Unternehmer zulässig ist, hat der BGH offen gelassen. Allerdings dürften hier die gleichen Bedenken bestehen wie bei einem Verbraucher.
Das OLG München hat in seinen beiden Entscheidungen angedeutet, dass es gegen einen 6-Minuten-Takt (1/10 einer Stunde) keine Einwände erheben würde; so auch LG Freiburg, wobei diese Entscheidung vor der Entscheidung des BGH ergangen ist.