Rz. 56
Bei der inhaltlichen Konzeption der Vergütungsvereinbarung haben der Anwalt und sein Auftraggeber einen breiten Gestaltungsspielraum. Schranken der Gestaltungsfreiheit ergeben sich freilich aus dem Erfordernis der Angemessenheit (vgl. Rdn 108 ff.) sowie aus § 134 (vgl. Rdn 12) bzw. § 138 BGB (vgl. Rdn 106). Anzustreben ist stets diejenige Vereinbarung, die im Einzelfall ein ausgewogenes Ergebnis zwischen den – in monetärer Hinsicht naturgemäß gegenläufigen – Interessen beider Vertragsparteien widerspiegelt. Es verbietet sich daher jeder Schematismus. Dennoch kommen für die Bemessung der anwaltlichen Vergütung verschiedene Vergütungsmodelle in Betracht.
1. Modifizierung des Tarifgesetzes
Rz. 57
Der Anwalt kann mit seinem Mandanten zunächst Modifizierungen der gesetzlichen Gebührenregelungen vereinbaren. In Betracht kommen dabei
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ein prozentualer Aufschlag auf die gesetzlichen Gebühren |
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die Vereinbarung eines Faktors für die gesetzlichen Gebühren |
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die Vereinbarung des mehrfachen Anfalls einer bestimmten Gebühr |
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die Vereinbarung einer Zusatzgebühr |
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die Vereinbarung eines zusätzlichen Festbetrages |
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die Festlegung eines höheren Gegenstandswertes |
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die Festlegung auf den Höchstbetrag oder Höchstsatz bei einem Gebühren- oder Satzrahmen |
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der Ausschluss von Anrechnungsvorschriften oder abweichende Anrechnungsregelungen |
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die Vereinbarung mehrerer Angelegenheiten, obwohl nach dem RVG nur eine einzige Angelegenheit gegeben wäre |
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das Fingieren eines bestimmten Gebührentatbestandes des Vergütungsverzeichnisses |
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die Vereinbarung der Anwendung einer bestimmten Gesetzesfassung des RVG |
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die nach Art. 6 EGBGB zulässige Vereinbarung der Anwendung ausländischen Gebührenrechts. |
Rz. 58
Da der in Abs. 1 S. 1 verwendete Begriff der Vergütung gemäß § 1 Abs. 1 auch die Auslagen umfasst, kann – alternativ oder kumulativ zu der Modifizierung der gesetzlichen Gebühren – auch die Erstattung höherer Auslagen nach VV 7000 ff. vereinbart werden (siehe Rdn 34). So empfiehlt es sich z.B. für den Anwalt, bei einem Umfangsverfahren an einem auswärtigen Gericht höhere Reisekosten und Abwesenheitspauschalen mit seinem Mandanten auszuhandeln.
2. Pauschalvergütung
Rz. 59
Der Anwalt kann mit seinem Mandanten vereinbaren, dass seine Bemühungen mit einer Pauschalzahlung vergütet werden sollen. Das Pauschalmodell ist bei der Vereinbarung sowohl bei einer über als auch unter den gesetzlichen Gebühren liegenden Vergütung zulässig. Dieser Befund war auch vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des anwaltlichen Erfolgshonorars unstreitig. Die insoweit missverständliche Regelung in § 4 Abs. 2 S. 1 a.F. ist durch den Reformgesetzgeber zum 1.7.2008 indes gestrichen worden. Die §§ 3a ff. differenzieren nicht länger nach der vereinbarten Art der Vergütung.
Rz. 60
Eine Pauschale kann für die Erledigung einer bestimmten Angelegenheit vereinbart werden, etwa die Strafverteidigung in einem Totschlagsverfahren, aber auch für Dauerberatungsmandate, also die Erledigung einer bestimmten Anzahl oder sämtlicher Rechtssachen des Mandanten. Rechnerisch kann es sich um Fall-, Stunden-, Wochen- oder Monatspauschalen handeln. In der Praxis spielt das Pauschalmodell vor allem in den forensisch geprägten Bereichen eine Rolle.
Rz. 61
Für den Mandanten ist ein Pauschalhonorar psychologisch von großem Vorteil, kann er sich bei Auftragserteilung doch auf einen bestimmten Fixbetrag einrichten. Der Anwalt geht hingegen das Risiko der Kostenüberschreitung ein, da der Arbeits- und Zeitaufwand der Mandatsbearbeitung bei Annahm...