Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Antrag
Rz. 23
Die besondere Gebühr kann nur auf Antrag bewilligt werden (vgl. § 41a Abs. 1 S. 1). Der Antrag ist von dem Rechtsanwalt, der den Musterkläger vertritt oder vertreten hat, zu stellen. Der Antrag bedarf keiner Schriftform. Er kann in der mündlichen Verhandlung oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden.
a) Zeitpunkt
Rz. 24
Der Antrag ist spätestens vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Musterverfahren zu stellen. Dieser späteste Zeitpunkt liegt noch vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Gebühr. Die Gebühr wird erst mit Abschluss des erstinstanzlichen Musterverfahrens fällig (vgl. näher bei Rdn 45 ff.). Die Fälligkeit der Gebühr ist damit keine Zulässigkeitsvoraussetzung des Antrags. Dieses Ergebnis bestätigt sich auch durch § 41a Abs. 3 S. 1. Diese Vorschrift berechtigt das OLG, gleichzeitig mit dem Musterentscheid die Entscheidung über die Bewilligung der besonderen Gebühr treffen zu können. Dabei begründet der Musterentscheid erst die Fälligkeit der Gebühr.
b) Begründung
Rz. 25
Der Antrag muss keine Begründung enthalten. Dennoch sollte er, ggf. ausführlich, begründet werden. Insbesondere sollte im Antrag auf den Umfang und die Schwierigkeit des Musterverfahrens eingegangen werden. Teilweise ergeben sich zwar die Umstände des Musterverfahrens aus der gerichtlichen Akte bei dem OLG. Außerhalb der Gerichtsakte und der mündlichen Verhandlung werden viele bewilligungsrelevante Umstände für das OLG aber nicht erkennbar sein. Das OLG kann sie nur berücksichtigen, wenn sie vorgetragen werden. Solche Umstände können insbesondere der zeitliche Aufwand, Besprechungen, Ermittlungen und andere Tätigkeiten sein. Der Antrag sollte sich aber mit Vermutungen zum Aufwand der Rechtsanwälte, die die Beigeladenen vertreten, zurückhalten. Hinsichtlich dieses Aufwands trägt der Rechtsanwalt, der den Musterkläger vertritt, auch nicht die Darlegungslast.
Rz. 26
Ein bezifferter Gebührensatz muss nicht angegeben werden. Es ist aber sinnvoll, dass der Rechtsanwalt, der den Musterkläger vertritt, zu erkennen gibt, welchen Gebührensatz er für angemessen hält.
c) Form
Rz. 27
Der Antrag bedarf keiner Schriftform. Er kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des OLG erklärt werden. Der Antrag kann auch in der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
d) Muster
Rz. 28
Muster 1: Antrag auf Bewilligung einer besonderen Gebühr
Antrag auf Bewilligung einer besonderen Gebühr
Rechtsanwalt R
Antrag nach § 41a RVG
An das
OLG [...]
In dem Musterverfahren
des Musterklägers
vertreten durch Rechtsanwalt R
gegen den Musterbeklagten
vertreten durch Rechtsanwalt S
stelle ich folgende Anträge:
1. |
Rechtsanwalt R wird die besondere Gebühr aus § 41a Abs. 1 RVG mit einem Gebührensatz von 0,3 bewilligt. |
2. |
Der Gegenstandswert der besonderen Gebühr aus § 41a Abs. 1 RVG wird auf [...] EUR festgesetzt. |
Gründe
[...]
(Unterschrift des Rechtsanwalts R)
2. Zuständigkeit
Rz. 29
Zuständig für die Bewilligung der besonderen Gebühr ist das OLG (vgl. § 41a Abs. 1 S. 1), bei dem das Musterverfahren anhängig ist.
Rz. 30
Bei dem OLG wird die Entscheidung durch den Senat, besetzt mit drei Richtern, getroffen. Zwar ist dies in § 41a nicht ausdrücklich bestimmt, ergibt sich aber aus der Begründung des Gesetzgebers, dass die Grundlagen für die Bemessung der besonderen Gebühr regelmäßig nur durch das Gericht und die Verfahrensbeteiligten nicht aber durch den Vertreter der Staatskasse beurteilt werden könne. Hier kann nur der Senat des OLG gemeint sein, bei dem das Musterverfahren geführt wird. Im Musterverfahren selbst ist der Senat des OLG stets mit drei Richtern besetzt (§ 122 Abs. 1 GVG), weil § 11 Abs. 1 S. 2 KapMuG die Anwendung der Vorschriften über den Einzelrichter in den §§ 348 bis 350 ZPO ausschließt.
3. Verfahren – rechtliches Gehör
Rz. 31
Das Verfahren auf Bewilligung einer besonderen Gebühr ist ein gerichtliches Verfahren, in dem den Beteiligten grundsätzlich rechtliches Gehör gewährt werden muss. Anspruch auf rechtliches Gehör haben der Musterkläger, die Beigeladenen und der Musterbeklagte. Denn diese Parteien werden durch die Bewilligung der besonderen Gebühr beschwert, weil die Gebühr als gerichtliche Auslage über Nr. 9018 GKG-KostVerz. auf die einzelnen Ausgangsverfahren anteilig verteilt wird, so dass für die Kosten alle Kostenschuldner haften und die Kostenlast letztlich die in den Ausgangsverfahren unterlegenen Parteien trifft.
Rz. 32
§ 41a Abs. 2 S. 2 setzt den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs um. Nach dieser Vorschrift sind der Antrag und auch ergänzende Schriftsätze entsprechend § 12 Abs. 2 KapMuG bekannt zu geben. Nach § 12 Abs. 2 KapMuG sind unter anderem Schriftsätze der Beteiligten im Musterverfahren in einem elektronischen Informationssystem, das nur den Beteiligten zugänglich ist, bekannt zu geben.
Rz. 33
Eine Anhörung der Staatskasse wird durch § 41a Abs. 2 S. 4 ausgeschlossen. Dies dient der Vermeidung einer Verfahrensverzögerung und wir damit gerechtfertigt, dass die Grundlagen für die Bemessung der Zusatzgebühr regelmäßig nur durch das Gericht und die Verfahrensbeteiligten beurteilt werden können. Ist aber gleichzeitig mit dem ...