Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Straf- und Bußgeldsachen
Rz. 23
Abs. 3 dient vornehmlich dazu, die Bestellungen und Beiordnungen in Strafsachen zu erfassen, soweit Letztere nicht im Wege der Prozesskostenhilfe angeordnet worden sind (siehe dazu § 12 Rdn 6 f.). Angesprochen ist in erster Linie der zum Verteidiger bestellte Anwalt (§ 141 StPO), aber auch der als Beistand dem Nebenkläger (§ 397a Abs. 1 StPO) oder dem nebenklageberechtigten Verletzten (§ 406h Abs. 3 Nr. 1 StPO) bestellte Anwalt, der einem Zeugen als Beistand beigeordnete Anwalt (§ 68b Abs. 2 S. 1 StPO) oder der gem. § 7 Abs. 1 ThUG im Verfahren nach dem Therapieunterbringungsgesetz gerichtlich beigeordnete Rechtsanwalt (vgl. auch § 62). §§ 397a Abs. 2 und 406h Abs. 3 Nr. 2 StPO sehen anders als § 379 Abs. 3 StPO für den Privatkläger und § 404 Abs. 5 StPO für das Adhäsionsverfahren keine Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege der PKH für den Nebenkläger oder den nebenklageberechtigten Verletzten vor. § 397a Abs. 2 StPO erlaubt es lediglich, dem Nebenkläger für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts auf Antrag PKH nach denselben Vorschriften wie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zu bewilligen, wenn er seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder ihm dies nicht zuzumuten ist. Dem im Rahmen bewilligter PKH durch den Nebenkläger zugezogenen Rechtsanwalt einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu versagen, weil § 45 Abs. 1 ausdrücklich auf eine Beiordnung im Wege der PKH und § 45 Abs. 3 auf eine sonstige Beiordnung und Bestellung abstellen, ist nicht sachgerecht und mit dem Sinn und Zweck der PKH nicht zu vereinbaren. Die PKH erstreckt sich zwar nach § 397a Abs. 2 StPO nur auf die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Weil dem Nebenkläger außer den Aufwendungen für einen Rechtsanwalt sonstige Kosten, die die Bewilligung von PKH rechtfertigen könnten, in der Regel aber nicht entstehen können und von der gewährten PKH auch nicht erfasst werden, erscheint es ausgeschlossen, die durch die anwaltliche Vertretung des Nebenklägers im Rahmen der bewilligten PKH anfallende Vergütung nicht aus der Staatskasse zu erstatten.
Rz. 24
Ferner geht es um ähnliche Verfahren, in denen der Anwalt durch Verwaltungsakt hinzugezogen worden ist, nämlich z.B. um Bestellungen in Verfahren nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (vgl. z.B. § 31 Abs. 2 S. 3 IRG).
b) Abs. 3 als Auffangtatbestand
Rz. 25
Die Vorschrift wird durch die Verwendung des Begriffs "sonst" zum Auffangtatbestand. Für den Normadressaten kann die Regelung nur so verstanden werden, dass sämtliche gerichtlichen Beiordnungen oder Bestellungen, die nicht bereits Gegenstand der Abs. 1 und 2 sind, unter Abs. 3 fallen sollen. Das ist eindeutig und damit ungeachtet eines etwaigen Vorbehalts des Gesetzgebers geltendes Recht.
Rz. 26
Demnach ist festgeschrieben, dass jeder Anwalt, der aufgrund eines gerichtlichen Hoheitsaktes in einem Verfahren tätig geworden ist, von der Staatskasse eine Vergütung verlangen kann. Das erscheint ohnehin selbstverständlich, weil grundsätzlich niemand gezwungen werden darf, seine Arbeitskraft unentgeltlich einzusetzen. Dadurch ist gesetzlich geklärt, dass auch dem nach § 78b ZPO beigeordneten Notanwalt eine Vergütung aus der Staatskasse zusteht.
c) Abraten von der Stellung eines Wiederaufnahmeantrags – Bestellung oder Feststellung nach § 364b Abs. 1 StPO (Abs. 4)
Rz. 27
Dass der für die Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens gerichtlich bestellte Verteidiger (§ 364b Abs. 1 S. 1 StPO) aus der Staatskasse zu vergüten ist, folgt bereits aus Abs. 3 und bedurfte deshalb keiner Sonderregelung in Abs. 4. Ebenso wenig war es erforderlich, das gerichtliche Bußgeldverfahren zu erwähnen (Abs. 4 S. 2), da auch hier eine Bestellung durch das Gericht nach § 364b Abs. 1 S. 1 StPO erfolgen muss.
Rz. 28
Dass ein bereits für den Strafprozess bestellt gewesener Verteidiger nur dann für die Vorbereitung der Wiederaufnahme einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse hat, wenn die Bestellung auf Antrag durch gerichtliche Feststellung hierauf erstreckt wird, ist eine Frage des Umfangs der Bestellung und gehört daher sachlich zu § 48 Abs. 6 (vgl. Rdn 3).
d) Entsprechende Anwendung des Abs. 3 auf Verwaltungsbehörden (Abs. 5)
Rz. 29
Wird der Anwalt von einer Verwaltungsbehörde eingeschaltet, die ein Bußgeldverfahren betreibt (§ 36 OWiG), so entsteht das öffentlich-rechtliche Schuldverhältnis zwischen ihm und der Körperschaft, der diese Verwaltungsbehörde angehört. Handelt es sich um die Behörde eines Landes, ist gem. Abs. 3 die Landeskasse seine Vergütungsschuldnerin, bei einer Bundesbehörde die Bundeskasse. Von dieser Regelung nicht erfasst werden die Fälle, wo eine Gemeinde, ein Sozialversicherungsträger oder eine andere Körperschaf...