Peter Fölsch, Norbert Schneider
a) Berechnungsweise
Rz. 89
Erhält die Partei nur für einen Teil ihres Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Anwalts, will sie sich aber ungeachtet dessen voll von ihm vertreten lassen, so fallen das öffentlich-rechtliche Schuldverhältnis Anwalt – Staat und das zivilrechtliche Schuldverhältnis Anwalt – Partei gegenständlich auseinander. Der Kostenschutz der Partei gemäß § 122 ZPO besteht nur im Umfang der Bewilligung und damit der Beiordnung des Anwalts. Deshalb bedarf es in diesen Fällen einer Aufteilung der Vergütung des Anwalts danach, was aufgrund der Beiordnung von der Staatskasse zu zahlen ist und was mangels staatlicher Unterstützung der Partei von dieser selbst (einredefrei) aufgebracht werden muss.
Rz. 90
Da beide Anspruchsteile an sich gleichrangig nebeneinander stehen, böte sich bei Wertgebühren zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung infolge der Gebühren-Degression an, die jeweilige Gesamtgebühr prozentual aufzuteilen. Das würde aber mit der in § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO enthaltenen Forderungssperre für den beigeordneten Anwalt kollidieren, wonach der Anwalt seine Kosten in Höhe des Gegenstandswertes, der von der Beiordnung erfasst wird, gegenüber der Partei nicht geltend machen kann. Im Umfang seiner Beiordnung ist der beigeordnete Rechtsanwalt nicht berechtigt, Ansprüche gegen seinen Mandanten geltend zu machen.
Rz. 91
Deshalb ist dieser quotalen Berechnungsweise nicht zu folgen und der auf die Beiordnung entfallende Anteil der Beiordnung vornan zu stellen und die Aufteilung hier durch eine Differenzbetrachtung vorzunehmen: Von den Regelgebühren entfallen auf die Beiordnung die vollen Gebühren nach dem Gegenstandswert, auf den sich die Beiordnung erstreckt. Den danach verbleibenden Restbetrag kann der Anwalt (nur) direkt von der Partei einfordern. Bei der Berechnung der von der Beiordnung erfassten Teile der Gebühren ist der Rechtsanwalt also so zu stellen, als ob er das Verfahren von vornherein nur im Umfang der Beiordnung geführt hat. Der Mandant schuldet daher nach h.M. nur die Differenz zwischen einer nach dem gesamten Streitwert und einer nach dem von der PKH erfassten Wert berechneten Gebühr.
Beispiel: Die Partei – vertreten durch ihren Anwalt – beantragt Prozesskostenhilfe für die Verteidigung gegen eine Zahlungsklage in Höhe von 108.327,48 EUR nebst Zinsen. Das Gericht sieht eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung nur in Höhe von 12.107,08 EUR, bewilligt insoweit ratenfreie PKH und ordnet den Anwalt bei. Die Partei lässt sich jedoch – trotz Belehrung über die Risiken – durch den Anwalt umfänglich verteidigen. Der Klage wird voll stattgegeben.
Der beigeordnete Anwalt kann die Gebühren nach einem Wert von 12.107,08 EUR in Höhe der Vergütung nach der Gebührentabelle des § 49 von der Staatskasse einfordern und in Höhe der Gebühren eines Wahlanwalts (§ 13) von den insgesamt angefallenen Gebühren (Wert: 108.327,48 EUR) abziehen, um die Differenz von der Partei zu verlangen (§ 11 Abs. 1). Somit erhält er von der Staatskasse 978,78 EUR (2,5 Gebühren à 321 EUR zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale zzgl. USt) und von der Partei 2.698,33 EUR (2,5 Gebühren à 1.503 EUR abzgl. 2,5 Gebühren à 604 EUR zzgl. USt).
b) Gerichtliche Wertfestsetzung
Rz. 92
Gem. § 63 Abs. 2 GKG, § 55 Abs. 2 FamGKG setzt das Gericht den Wert für die zu erhebenden (Gerichts-)Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streit- oder Verfahrensgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. Diese gerichtliche Wertfestsetzung ist gem. § 32 Abs. 1 auch für die Anwaltsgebühren maßgebend. Der Urkundsbeamte ist bei der Prüfung des Vergütungsanspruchs im Verfahren gem. § 55 an diese gerichtliche Wertfestsetzung gebunden.