Peter Fölsch, Norbert Schneider
1. Problemstellung
a) Umfang der Beiordnung
Rz. 8
Die Sonderrechtsverbindung zwischen dem Anwalt der bedürftigen Partei und dem Fiskus als Vergütungsschuldner wird durch den Begriff der Beiordnung erfasst. Jedoch definiert er weder den gegenständlichen Aufgabenbereich des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalts noch die jeweiligen Tätigkeiten, für deren Entlohnung die Staats- oder Landeskasse aufzukommen hat. Abgesehen von den in § 48 Abs. 2–6 aufgeführten Fallgestaltungen hat der Gesetzgeber den Umfang der Beiordnung nicht eigenständig beschrieben, sondern unmittelbar mit dem Umfang der bewilligten Prozesskostenhilfe verknüpft. Das betrifft sämtliche Verfahren, in denen es zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommen kann (siehe § 12 Rdn 4) und in denen das RVG die Vorschriften für Verfahren über die Prozesskostenhilfe entsprechend anwendet (siehe § 12 Rdn 16 ff.).
b) Bewilligung und Beiordnung
Rz. 9
Im Grundsatz gilt: Eine nach § 121 Abs. 1 oder Abs. 2 ZPO angeordnete Beiordnung, die als solche – wie im Regelfall – nicht näher beschrieben wird, reicht genau so weit wie die bewilligte Prozesskostenhilfe. Deshalb finden sich nur ausnahmsweise Vorschriften zur gegenständlichen Inhaltsbestimmung der Beiordnung. Bei Streitigkeiten darüber, ob eine konkrete Anwaltstätigkeit (noch) unter die Beiordnung fällt und deshalb von der Staatskasse zu vergüten ist, muss auf die Regelungen zur Prozesskostenhilfe zurückgegriffen werden. Die Verbindung zur Beiordnung wird durch eine Zweckbetrachtung entsprechend § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO hergestellt: Dient die Tätigkeit des Anwalts dem Zweck, die Partei im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu vertreten, so fällt sie unter die Beiordnung; betrifft sie eine andere Aufgabenstellung, wird sie davon nicht erfasst. Maßgebend für die Zuordnung ist allein die Zweckbestimmung, nicht hingegen auch die Frage, ob die Tätigkeit des Anwalts insoweit erforderlich gewesen ist.
c) Erforderlichkeit der anwaltlichen Tätigkeit
Rz. 10
Dieser Gesichtspunkt betrifft die Vergütungspflicht der Staatskasse für eine anwaltliche Tätigkeit, von der feststeht, dass sie im Rahmen der Prozesskostenhilfe durchgeführt wurde. Aus dem Rechtscharakter dieser Pflicht als Hilfsschuld (siehe § 45 Rdn 7) folgt, dass die Staatskasse insoweit nicht zahlen muss, als eine vermögende Partei die Leistung verweigern könnte. Der Einwand der Partei, eine konkrete Tätigkeit des Anwalts sei zur Aufgabenerfüllung nicht notwendig gewesen, beschreibt eine Pflichtverletzung des Anwalts und kann von der Staatskasse in ihrer bürgenähnlichen Position ebenfalls erhoben werden (vgl. § 768 BGB) mit der Folge, dass deren Vergütungspflicht entfällt (siehe § 45 Rdn 49 f.).
2. Geltungsumfang der Bewilligung von Prozesskostenhilfe
a) Bewilligungsbeschluss
Rz. 11
Ausgangspunkt der Betrachtung, für welche Interessenwahrnehmung des Anwalts zugunsten der bedürftigen Partei die Staatskasse aufzukommen hat, ist der Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Dieser ist für das Festsetzungsverfahren (§ 55) bindend (§ 55 Rdn 155), auch wenn die Bewilligung überhaupt nicht hätte beschlossen werden dürfen oder wenn die Durchführung des Verfahrens nicht angezeigt gewesen ist oder wenn der Zeitpunkt der Rückwirkung noch weiter zurückverlegt wird als auf den Zeitpunkt des Vorliegens eines vollständigen Antrags.
Zitat
"Maßgeblich ist ... allein der Inhalt des Prozesskostenhilfebewilligungsbeschlusses, wobei im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe in einem Gerichtstermin auch der Inhalt der Sitzungsniederschrift zur Auslegung herangezogen werden kann."
Ergibt die Auslegung, dass sich die Bewilligung sowohl auf das Hauptverfahren als auch auf das einstweilige Anordnungsverfahren erstreckt, so entfaltet ein entgegen stehender Beschluss, durch den der später ausdrücklich gestellte Antrag für das einstweilige Anordnungsverfahren abgelehnt wird, keine Rechtswirkung.
Rz. 12
Die Verbindlichkeit der P...