Peter Fölsch, Norbert Schneider
1. Erstreckung der Beiordnung
Rz. 167
Verhält sich ein Vergleich nur über streitgegenständliche Ansprüche, so steht dem insoweit im Verfahren beigeordneten Anwalt die Vergütungsfestsetzung der Gebühr nach VV 1003 zu. Dies gilt auch dann, wenn die Einigung außergerichtlich getroffen wurde (vgl. Rdn 29 f.).
Rz. 168
Soll in einem Verfahren, für das Prozesskostenhilfe bewilligt und der Anwalt beigeordnet worden ist, ein außergerichtlicher Vergleich geschlossen werden, kann der Anwalt zwar in vielen Fällen davon ausgehen, dass die Staatskasse seine Gebühr nach VV 1003 trägt (siehe Rdn 29 f.). Das ist aber keineswegs sicher, weshalb er vorab bei dem erkennenden Gericht den Antrag stellen sollte, seine Beiordnung auf den beabsichtigten Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs zu erstrecken. Ein solcher Beschluss hat womöglich nur deklaratorischen Charakter, ist aber für die Kostenfestsetzungsorgane stets bindend. Erstreckt sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags i.S.v. VV 1000 oder ist die Beiordnung oder die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hierauf beschränkt, so umfasst der Anspruch gegen die Staatskasse nach dem durch das KostRÄG 2021 eingefügten Abs. 1 S. 2 überdies alle gesetzlichen Gebühren (Differenz-Verfahrensgebühr VV 3101 und Differenz-Terminsgebühr VV 3104) und Auslagen, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.
2. Prozesskostenbewilligungsverfahren
Rz. 169
Wird ein Vergleich im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren (Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren) geschlossen, so gilt Folgendes: Für das Prüfungsverfahren selbst kann grundsätzlich keine PKH/VKH bewilligt werden. Schließen die Parteien/Beteiligten dort einen Vergleich, so ist m.E. bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen ausnahmsweise Prozesskostenhilfe für das gesamte Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren zu bewilligen. Dann ist dem beigeordneten Rechtsanwalt aus der Staatskasse eine 1,0-Verfahrensgebühr (VV 3335), eine 1,2-Terminsgebühr (VV 3104) sowie eine 1,0-Einigungsgebühr (VV 1003) zuzüglich Auslagen zu vergüten.
Rz. 170
Diese Auffassung wird hingegen vom BGH nicht geteilt. Er hat die umstrittene Frage des Umfangs einer möglichen Prozesskostenhilfe im PKH-Verfahren dahin entschieden, dass Prozesskostenhilfe nur für einen Vergleich, nicht aber für das gesamte PKH-Verfahren bewilligt werden dürfe. Diese Beschränkung hat bewirkt, dass der Anwalt die Verfahrensgebühr nach VV 3335 bzw. 3337 oder die Terminsgebühr VV 3104 alsdann von der Partei einfordern kann, weil die Sperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO mangels umfassender Bewilligung von PKH nicht greift. Außerdem kann der Anwalt gegenüber der Staatskasse dann nach VV 1003 abrechnen. Aufgrund der durch das KostRÄG 2021 in Abs. 1 S. 2 eingefügten Regelung wird man aber davon ausgehen müssen, dass auch bei einer für den Abschluss eines Vergleichs im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren beschränkten Bewilligung und Beiordnung eine Verfahrensgebühr (VV 3335) sowie eine 1,2-Terminsgebühr (VV 3104) aus der Staatskasse zu erstatten sind. Denn ist die Beiordnung oder die Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf den Abschluss eines Vertrags i.S.v. VV 1000 beschränkt, so umfasst der Anspruch nach Abs. 1 S. 2 alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.
Rz. 171
Geht es allerdings darum, nicht anhängige Ansprüche in einen Vergleich über anhängige Ansprüche mit einzubeziehen, ist eine gegenständliche und funktionale Erstreckung der Beiordnung – abgesehen von den Sonderfällen des Abs. 3 – in jedem Fall erforderlich. Das gilt ungeachtet dessen, ob die Einigung über die anhängigen Ansprüche gerichtlich oder außergerichtlich erfolgen soll. Also auch bei einem gerichtlichen Vergleich, der verfahrensfremde Gegenstände mit regelt, muss der beigeordnete Anwalt darauf achten, dass er insoweit ebenfalls beigeordnet wird. Für die Erstattungspflicht der Staatskasse gilt dann auch hier Abs. 1 S. 2.