Rz. 32
Nach Abs. 2 Nr. 1 muss die Vereinbarung die voraussichtliche gesetzliche Vergütung und gegebenenfalls die erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung enthalten, zu der der Rechtsanwalt bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen. Anzugeben ist also die Vergütung, für die der Rechtsanwalt das konkrete Mandat übernehmen würde, wenn kein Erfolgshonorar vereinbart worden wäre.
Rz. 33
Nach § 4b stellt ein Verstoß gegen Abs. 2 Nr. 1 einen Nichtigkeitsgrund dar. Diese Rechtsfolge erweist sich als unverhältnismäßig, ist doch die Höhe der gesetzlichen Vergütung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses regelmäßig nicht zuverlässig kalkulierbar. Jedenfalls in allen Fällen, in denen nicht nur um einen einzigen, bezifferten Zahlungsanspruch gestritten wird, existieren vielfältige Umstände, die der Rechtsanwalt nicht beeinflussen kann. So kann der Gegner den Streitwert durch Kosten steigernde Maßnahmen, etwa eine Widerklage, erhöhen (§ 45 GKG). In vielen Fällen kann das Gericht den Gegenstandswert nach freiem Ermessen höher oder niedriger festsetzen (§ 3 ZPO). Zwar müssen die Parteien nur die voraussichtliche gesetzliche Vergütung fixieren; welche Abweichungstoleranz dieser Begriff impliziert, bleibt indes völlig offen. In Anlehnung an die für Rahmengebühren geltende Toleranzgrenze (siehe § 14 Rdn 81 f.) wird eine Abweichung von bis zu 20 % in jedem Fall zu akzeptieren sein.
Rz. 34
Als erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung ist die Vergütung anzusehen, die der Rechtsanwalt in einem mit dem konkreten Mandat vergleichbaren Fall üblicherweise qua Vereinbarung zu fordern pflegt. Entscheidend ist daher die Üblichkeit der eigenen Vergütung aus der Sicht des betreffenden Anwalts. Die Vergleichbarkeit setzt eine typisierende Betrachtungsweise durch den Anwalt voraus, da in der Praxis eine Sachverhaltsidentität bei verschiedenen Mandaten kaum vorkommen wird – jeder Fall ist bekanntlich anders.
Beispiel: Der Mandant beauftragt den Anwalt mit der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfall mit Personen- und Sachschaden. Der Anwalt, ein angesehener Fachanwalt für Verkehrsrecht, pflegt für seine Bemühungen bei Mandaten dieser Art eine Zeitvergütung mit einem Stundensatz von 250 EUR netto zu vereinbaren. Diese Vergütung ist nach Abs. 2 Nr. 1 für die Vereinbarung eines Erfolgshonorars maßgeblich.
Rz. 35
Mit seiner Terminologie der erfolgsunabhängigen vertraglichen Vergütung rekurriert der Gesetzgeber auf die Vorschrift des § 4. Diese Bezugnahme bedeutet indes nicht, dass Anwalt und Mandant nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 eine geringere als die gesetzliche Vergütung prognostizieren müssen. Maßgeblich ist allein die für Mandate dieser Art üblicherweise vereinbarte Vergütung ohne Rücksicht auf die Höhe der gesetzlichen Gebühren.