Gesetzestext

 

(1) 1Ein Erfolgshonorar (§ 49b Abs. 2 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung) darf nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. 2In einem gerichtlichen Verfahren darf dabei für den Fall des Misserfolgs vereinbart werden, dass keine oder eine geringere als die gesetzliche Vergütung zu zahlen ist, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart wird. 3Für die Beurteilung nach Satz 1 bleibt die Möglichkeit, Beratungs- oder Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen, außer Betracht.

(2) Die Vereinbarung muss enthalten:

1. die voraussichtliche gesetzliche Vergütung und gegebenenfalls die erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung, zu der der Rechtsanwalt bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen, sowie
2. die Angabe, welche Vergütung bei Eintritt welcher Bedingungen verdient sein soll.

(3) 1In der Vereinbarung sind außerdem die wesentlichen Gründe anzugeben, die für die Bemessung des Erfolgshonorars bestimmend sind. 2Ferner ist ein Hinweis aufzunehmen, dass die Vereinbarung keinen Einfluss auf die gegebenenfalls vom Auftraggeber zu zahlenden Gerichtskosten, Verwaltungskosten und die von ihm zu erstattenden Kosten anderer Beteiligter hat.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Nach der bis zum 30.6.2008 geltenden Rechtslage war eine Vergütungsvereinbarung gemäß § 134 BGB i.V.m. § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO nichtig, wenn sich der Anwalt ein Erfolgshonorar oder einen Anteil am erstrittenen Betrag (quota litis) versprechen ließ. Das anwaltliche Berufsrecht statuierte insoweit ein umfassendes und rigides Verbot, das grundsätzlich keine Ausnahmen zuließ (aber vgl. Rdn 11 f.). Das strikte Verbot der Vereinbarung einer spekulativen Vergütung war in den vergangenen Jahren auf massive Kritik gestoßen.[1]

 

Rz. 2

Das BVerfG hat das in § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO normierte Totalverbot in seinem Beschl. v. 12.12.2006[2] als insoweit mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar qualifiziert, als es keine Ausnahme für den Fall zuließ, dass der Rechtsanwalt mit der Vereinbarung einer erfolgsbasierten Vergütung besonderen Umständen in der Person des Auftraggebers Rechnung trägt, die diesen sonst davon abhielten, seine Rechte überhaupt zu verfolgen. In diesen Ausnahmefällen erweise sich das Verbot anwaltlicher Erfolgshonorare als Hindernis für den Zugang zum Recht, wenn ein Rechtsuchender aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse das Risiko, im Misserfolgsfall mit den Kosten qualifizierter anwaltlicher Unterstützung belastet zu bleiben, nicht oder zumindest nicht vollständig zu tragen vermöge, und ihn dies davon abhalte, seine Rechte überhaupt zu verfolgen. Das BVerfG hat § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO daher als verfassungswidrig[3] erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, bis zum 30.6.2008 eine verfassungskonforme Neuregelung zu treffen. Dabei hat es dem Gesetzgeber freigestellt, einen Ausnahmetatbestand zu einem weiterhin geltenden Verbot zu schaffen (kleine Lösung) oder das Verbot anwaltlicher Erfolgshonorare völlig aufzugeben (große Lösung).

 

Rz. 3

Der Reformgesetzgeber hat sich rechtssystematisch für die von den anwaltlichen Berufsverbänden[4] empfohlene und vom Schrifttum[5] erwartete kleine Lösung entschieden. Er hält durch die Neufassung des § 49b Abs. 2 BRAO (vgl. Rdn 7) zum Schutz der Unabhängigkeit der Anwaltschaft und zum Schutz der Rechtsuchenden grundsätzlich an dem Verbot erfolgsbasierter Vergütungen fest, normiert jedoch einen Ausnahmetatbestand in § 4a.

 

Rz. 4

Abs. 1 S. 1 regelt, wann von dem nach § 49b Abs. 2 BRAO fortbestehenden Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars abgewichen werden darf. Satz 2 gestattet mit Blick auf das berufsrechtliche Gebührenunterschreitungsverbot in § 49b Abs. 1 BRAO (siehe § 3a Rdn 19 ff.) auch im gerichtlichen Verfahren die Unterschreitung der gesetzlichen Vergütung, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die Tarife des RVG vereinbart wird. Ein Verstoß gegen Abs. 1 führt zur Fehlerhaftigkeit der Vereinbarung (§ 4b).

 

Rz. 5

Abs. 2 zwingt die Parteien, die kalkulatorischen Grundlagen des Erfolgshonorars und die dafür geltenden Bedingungen in der Vergütungsvereinbarung schriftlich zu fixieren. Auf diese Weise soll dem Mandanten die Bedeutung der Vereinbarung einer erfolgsbasierten Vergütung unter besonderer Berücksichtigung des Zuschlags im Erfolgsfall verdeutlicht werden.[6] Die Angaben gemäß Abs. 2 sind zwingend ("muss"); fehlt auch nur eine von ihnen, ist der Anwalt auch im Erfolgsfalle auf die gesetzliche Vergütung beschränkt (vgl. § 4b).

 

Rz. 6

Abs. 3 soll die asymmetrische Informationsverteilung zwischen Mandant und Anwalt hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Rechtssache sowie des dafür erforderlichen Aufwandes kompensieren. Zugleich soll die Vorschrift etwaigen Beweisschwierigkeiten bei einem Streit über die vereinbarte Vergütung vorbeugen.[7] In der Vereinbarung sind daher nach Satz 1 die bestimme...

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