I. Fehlerhaftigkeit der Vergütungsvereinbarung
Rz. 4
Die Fehlerhaftigkeit der Vereinbarung muss auf einem Verstoß gegen die Erfordernisse des § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 oder des § 4a Abs. 1 und 2 beruhen. Diese Aufzählung ist abschließend. Nicht von der Rechtsfolge des § 4b erfasst sind daher Verstöße gegen § 3a Abs. 3 und 4, § 4 und § 4a Abs. 3. Auch für eine Gebührenvereinbarung nach § 34 gilt die Rechtsfolge des § 4b nicht, da sie von § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 erst gar nicht erfasst ist (§ 3a Abs. 1 S. 3).
Rz. 5
Der Anwendungsbereich des § 4b ist daher eröffnet bei einem Verstoß gegen
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das Textformerfordernis (§ 3a Abs. 1 S. 1), |
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das Gebot der Bezeichnung als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise (§ 3a Abs. 1 S. 2, 1. Alt.), |
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das Gebot der deutlichen Absetzung der Vergütungsvereinbarung von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung (§ 3a Abs. 1 S. 2, 2. Alt.), |
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das Verbot der Kombination von Vergütungsvereinbarung und Vollmacht (§ 3a Abs. 1 S. 2, 3. Alt.), |
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die Voraussetzungen, unter denen ein Erfolgshonorar ohne Verstoß gegen § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO vereinbart werden kann (§ 4a Abs. 1 S. 1), |
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die Verpflichtung zur Vereinbarung eines angemessenen Zuschlags auf die gesetzliche Vergütung, wenn für ein erfolgloses gerichtliches Verfahren keine oder eine untertarifliche Vergütung vereinbart wurde (§ 4a Abs. 1 S. 2), |
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die Verpflichtung zur Angabe der voraussichtlichen gesetzlichen Vergütung bzw. der erfolgsunabhängigen vertraglichen Vergütung, zu der der Rechtsanwalt bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen (§ 4a Abs. 2 Nr. 1), |
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die Verpflichtung zur Angabe, welche Vergütung bei Eintritt welcher Bedingungen verdient sein soll (§ 4a Abs. 2 Nr. 2). |
Rz. 6
Jede Vergütungsvereinbarung sieht sich daher vier potentiellen Fehlerquellen ausgesetzt; für die Vereinbarung eines Erfolgshonorars gelten weitere vier Fehlerquellen. Ist die Vergütungsvereinbarung nur aus einem dieser Gründe fehlerhaft, greift die Rechtsfolge des § 4b ein; der Anwalt ist auf die gesetzliche Vergütung beschränkt. Die Vergütungsvereinbarung ist daher extrem fehleranfällig, weshalb der Anwalt streng auf alle Formalia der §§ 3a Abs. 1 S. 1 und 2, 4a Abs. 1 und 2 achten sollte. Den Nachweis für die Fehlerhaftigkeit der Vergütungsvereinbarung muss freilich der Auftraggeber führen, der seine Vergütungsschuld auf die Höhe der gesetzlichen Vergütung reduziert sieht.
II. Beschränkung auf gesetzliche Vergütung
1. Unverbindlichkeit der Vergütungsvereinbarung
Rz. 7
Eine nach § 3a Abs. 1 S. 1 und 2 fehlerhafte Vergütungsvereinbarung ist nicht gemäß § 125 BGB nichtig. Sie bleibt wirksam. Ebenso wenig ist eine gegen § 4a Abs. 1 S. 1 und 2 verstoßende Vereinbarung nach § 134 BGB nichtig. Insoweit geht § 4b als Sonderregelung diesen Vorschriften vor. Danach ist lediglich der Vergütungsanspruch des Anwalts ist auf die Höhe der gesetzlichen Vergütung beschränkt. Die vereinbarte Vergütung ist also unverbindlich, soweit sich aus der Vereinbarung eine weitergehende Vergütung ergibt. Mit der vorgenannten Entscheidung ist der BGH von seiner bis dato geltenden Rechtsprechung abgerückt, wonach bei einem Formverstoß die Vereinbarung gem. § 125 BGB und bei einem unzulässigen Erfolgshonorar nach § 134 BGB nichtig war. Diese Änderung der Rechtsprechung hat weitreichende Konsequenzen.
Rz. 8
Nach § 10 kann der Anwalt seine Vergütung nur aufgrund einer ordnungsgemäßen Abrechnung fordern. Nach der bisherigen Rechtsprechung musste im Falle eines Formverstoßes eine ordnungsgemäße Berechnung der gesetzlichen Vergütung vorgelegt werden. Anderenfalls konnte der Anwalt seine Vergütung nicht einfordern. Nach der neuen Rechtsprechung ist aber nach wie vor die vereinbarte Vergütung geschuldet – nicht die gesetzliche. Die gesetzliche Vergütung ist lediglich eine Begrenzung. Das heißt also, dass der Anwalt hier so abrechnen muss, wie es vereinbart ist. Er muss dann gegebenenfalls kenntlich machen, dass er die vereinbarte Vergütung auf einen bestimmten Höchstbetrag (nämlich die gesetzliche Vergütung) begrenzt. Abgerechnet wird aber die vereinbarte Vergütung, nicht die gesetzliche. So muss er z.B. bei einer Stundenabrechnung dem Mandanten eine Auflistung über die geleisteten Stunden erteilen. Anderenfalls ist seine Vergütung nicht klagbar – auch nicht in Höhe der gesetzlichen Vergütung (siehe § 3a Rdn 142 f.).
Rz. 9
Mit der Entscheidung des BGH dürfte sich auch der Streit um die Hinweispflicht des § 49b Abs. 5 BRAO im Falle einer unzulässigen Vergütungsvereinbarung erledigt haben. Ist nach der neuen Rechtsprechung nicht die gesetzliche Vergütung geschuldet, sondern die vereinbarte, dann braucht auch kein Hinweis nach § 49b Abs. 5 BRAO erteilt zu werden. Nicht die Vergütung richtet sich nach dem Gegenstandswert, sondern ihre Begrenzung. Das ist auch zutreffend. Ein Mandant, der eine höhere Vergütung als die gesetzliche vereinbart, bedarf keiner Warnung nach § 49b Abs. 5 BRAO.
Rz. 10
Während nach der bisherigen Rechtsprechung aufgrund der Nichtigkeit der vereinbarten Vergütung die gesetzliche Vergütung ...