Rz. 58

Beauftragt der Anwalt Personen, die nicht dem Anwendungsbereich des § 5 unterfallen, so kann er insoweit nicht nach dem RVG abrechnen. Nach einem Teil der Rechtsprechung soll im Umkehrschluss aus § 5 sogar zu folgern sein, dass insoweit überhaupt keine Vergütung verlangt werden könne.[32] Dies ist jedoch unzutreffend. Sinn und Zweck des § 5 ist es lediglich, positiv festzustellen, dass der Anwalt für die Einschaltung der dort genannten Personen die volle gesetzliche Vergütung nach dem RVG erhält. Eine negative Regelung dergestalt, dass im Übrigen jegliche Vergütungsansprüche ausgeschlossen und als allgemeine Geschäftskosten (VV Vorb. 7 Abs. 1) anzusehen seien, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen. Es gilt nach überwiegender Ansicht insoweit vielmehr § 612 Abs. 2 BGB, wonach dem Anwalt eine angemessene Vergütung zusteht.

 

Rz. 59

Zu beachten ist jedoch, dass bei der Vertretung durch andere Personen Überschneidungen auftreten können, so dass der Anwalt zumindest noch teilweise nach den gesetzlichen Gebühren abrechnen kann. Es ist jeweils zu prüfen, wie weit der Anwalt den Gebührentatbestand noch selbst erfüllt hat; so weit kann er die gesetzliche Vergütung verlangen, nur im Übrigen muss er nach § 612 Abs. 2 BGB abrechnen.[33]

 

Beispiel: Der Anwalt wird in einer Strafsache vor dem AG mit der Verteidigung beauftragt. Im vorbereitenden Verfahren gibt er eine Einlassung gegenüber der Staatsanwaltschaft ab. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens wendet er sich mit einem weiteren Schriftsatz an das Gericht. Die Vertretung in der Hauptverhandlung überlässt er einem Referendar, der sich nicht in der Anwaltsstation befindet.

Für die Tätigkeit im vorbereitenden Verfahren erhält der Anwalt zunächst die Grundgebühr (VV 4100) sowie eine Gebühr nach VV 4104, da ausschließlich er hier tätig war.

Im gerichtlichen Verfahren war der Anwalt außerhalb der Hauptverhandlung tätig, so dass er hier zunächst einmal die Verfahrensgebühr nach VV 4106 erhält. Nur im Hauptverhandlungstermin selbst war der Referendar tätig, so dass der Anwalt nicht nach VV 4108 abrechnen kann. Nur diese Tätigkeit, also lediglich die Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins, richtet sich nach § 612 Abs. 2 BGB. Eine Abrechnung (ausgehend jeweils von einer Mittelgebühr) hätte dann wie folgt auszusehen, wobei von einem angemessenen Honorar nach § 612 Abs. 2 BGB für den Referendar in Höhe von 150 EUR ausgegangen werden soll:

I. Vorverfahren

 
1. Grundgebühr, VV 4100 220,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, VV 4104 182,50 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002 20,00 EUR

II. Gerichtliches Verfahren

 
1. Verfahrensgebühr, VV 4106   182,50 EUR
2. Vergütung für die Vertretung in der Hauptverhandlung, § 612 Abs. 2 BGB   182,50 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 807,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   153,43 EUR
Gesamt   960,93 EUR
[32] OLG Düsseldorf AnwBl 1991, 272.
[33] Siehe hierzu OLG Hamm AGS 2003, 297 m. ausführlicher Anm. N. Schneider nebst Berechnungsbsp.

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