Rz. 20

Beauftragt ein Anwalt einen Stellvertreter, so erwirbt der Stellvertreter mangels vertraglicher Beziehungen zum Auftraggeber gegen diesen keinen unmittelbaren Anspruch. Den Vergütungsanspruch erwirbt über § 5 nur der beauftragende Anwalt.

 

Rz. 21

Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Stellvertreter einen Anspruch gegen den beauftragenden Anwalt erwirbt. Dies wiederum hängt von deren interner Vereinbarung ab. Die Vorschriften des RVG regeln diesen Fall nicht, da sie nur die Vergütungspflicht des Auftraggebers betreffen.

 

Rz. 22

Die rechtliche Beziehung zwischen dem mandatierten Anwalt und seinem Stellvertreter ist bei unentgeltlicher Stellvertretung als Auftrag nach §§ 662 ff. BGB einzuordnen und bei Vereinbarung eines Entgelts als Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB.

 

Rz. 23

Die Vergütung zwischen dem mandatierten Anwalt und seinem Stellvertreter kann frei vereinbart werden. Diese interne Vereinbarung unterliegt keinen Schranken, insbesondere sind § 49b BRAO und § 1 UWG nicht einschlägig.[8] Der Stellvertreter wird nur für den mandatierten Anwalt tätig. Die Gebührenvorschriften des RVG gelten daher nicht, so dass dessen Gebührensätze auch unterschritten werden können.[9]

 

Rz. 24

In vielen Fällen kann auch eine unentgeltliche Stellvertretung unter Anwälten üblich sein. Früher bestand weitgehend der Brauch, für einen Kollegen desselben Landgerichtsbezirks unentgeltlich bei Terminskollisionen aufzutreten. Ob dies heute noch so gehandhabt wird, ist zweifelhaft. In Anbetracht dessen kann sich ein Anwalt grundsätzlich nicht darauf verlassen, dass ein anderer Anwalt für ihn als Vertreter unentgeltlich auftritt. Klare Absprachen sind unbedingt zu empfehlen.

 

Rz. 25

Wird ein Anwalt gebeten, "kollegialiter" in einem Termin aufzutreten, so liegt darin konkludent die Bitte, unentgeltlich tätig zu werden. Kommt ein Anwalt der Bitte, "kollegialiter" aufzutreten, nach, ohne zu widersprechen und darauf hinzuweisen, dass er eine Vergütung verlangen werde, so liegt darin konkludent die Vereinbarung der unentgeltlichen Vertretung (§ 662 BGB). Anderenfalls würde es keinen Sinn machen, zusätzlich zu vereinbaren, dass der andere Anwalt "kollegialiter" auftrete. Dieser Zusatz hätte in diesem Fall überhaupt keine Bedeutung und wäre daher völlig überflüssig, wenn die üblichen Gebühren in Rechnung gestellt würden.[10]

 

Rz. 26

Vereinbart der mandatierte Anwalt mit seinem Stellvertreter ein Entgelt für dessen Tätigkeit, so schuldet der Anwalt dieses Entgelt persönlich. Zu der Frage, ob und in welchem Umfang er die Mehrkosten der Stellvertretung dem Auftraggeber in Rechnung stellen kann (siehe Rdn 27 ff.).

[8] BGH 29.6.2000 – I ZR 122/98, AGS 2001, 51 = NJW 2001, 753; BGH 1.6.2006 – I ZR 268/03, AGS 2006, 471 = RVGreport 2006, 438 = NJW 2006, 3569; N. Schneider, Vergütungsvereinbarung, Rn 139 ff.
[9] N. Schneider, Vergütungsvereinbarung, Rn 139 ff.
[10] AG Saarbrücken AGS 1999, 119; siehe auch LAG Düsseldorf BRAGOreport 2000, 39 m. Anm. N. Schneider = AnwBl 2000, 631; a.A. LG Arnsberg NJW-RR 2001, 1144.

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