Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
I. Prozesskostenhilfe mit Zahlungsbestimmung oder private Finanzierung
Rz. 36
Aus der schlichten Begrifflichkeit der Prozesskostenhilfe erschließt sich nicht ohne weiteres, welche grundlegende Bedeutung eine mit der Bewilligung verbundene Zahlungsbestimmung für die Finanzierung des Verfahrens hat. Während bei ratenfreier Prozesskostenhilfe die Staatskasse sämtliche Kosten trägt und diese gleichsam als "verlorenen Zuschuss" übernimmt, ist sie bei einer Ratenzahlungsanordnung in erster Linie Kreditgeberin. Wie sich insbesondere aus der langen Zahlungsdauer von vier Jahren (§ 115 Abs. 2 ZPO) ergibt, ist eine Prozesskostenhilfe mit Zahlungsbestimmung darauf angelegt, dass die Partei alle Verfahrenskosten letztlich möglichst selbst aufbringen soll. Deshalb setzt jede noch so kleine Zahlungsbestimmung für die Finanzierung des Verfahrens andere Maßstäbe.
Rz. 37
Die bloße (zinslose) Kreditgewährung hat nicht annähernd den Stellenwert eines Zuschusses, so dass sich im Einzelfall die Frage stellen kann, ob die damit verbundene Offenlegung des wirtschaftlichen "Unvermögens" der Partei gerade im Verhältnis zum Gegner einen vernünftigen Preis darstellt. Zeichnet sich ab, dass die Partei über die zu erwartenden Raten im Unterliegensfall ohnehin die gesamten Verfahrenskosten selbst wird aufbringen müssen, kann es sinnvoll sein, von vornherein eine andere Art der Kreditierung zu erwägen und von einer Anwaltsvergütung nach den §§ 49 f. Abstand zu nehmen.
Rz. 38
Im Rahmen derartiger Überlegungen sollte allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, dass ein Prozesskostenhilfeverfahren die Chance in sich birgt, mit geringem Aufwand und alsbald eine vorläufige Stellungnahme des zuständigen Gerichts zur Erfolgsaussicht der vertretenen Rechtsposition zu erlangen. In unklaren Fällen vermag allein schon diese Orientierungshilfe den Nachteil aufzuwiegen, der mit einer Bekanntgabe der wirtschaftlichen Verhältnisse befürchtet wird. Ferner ist zugunsten einer Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe aus der Sicht des Anwalts zu bedenken, dass die Staatskasse hinsichtlich der Grundvergütung eine verlässliche Schuldnerin ist und im Übrigen für ihn die Last der Einziehung des Honorars übernimmt.
II. Durchsetzung der weiteren Vergütung
Rz. 39
Zwecks Pflege des Mandatsverhältnisses sollte der Anwalt von der Möglichkeit der Festsetzung einer weiteren Vergütung nur restriktiv Gebrauch machen. Bleibt ihm keine andere Wahl, um seine volle Entlohnung zu erreichen, ist die Situation häufig dann besonders angespannt, wenn bei Fälligkeit der weiteren Vergütung noch nicht alle dafür erforderlichen Raten gezahlt sind. Die Bereitschaft der Partei, noch Zahlungen an die Staatskasse zu leisten, ist nach Abschluss eines verlorenen oder doch jedenfalls wirtschaftlich erfolglosen Verfahrens in der Regel sehr schwach ausgeprägt.
Rz. 40
War die vorläufige Einstellung der Zahlungen angeordnet worden (§ 120 Abs. 3 ZPO), so hat die Staatskasse im Verhältnis zum Anwalt die Pflicht und dieser selbst die Möglichkeit, bei dem Rechtspfleger einen Antrag auf Wiederaufnahme der Zahlungen zu stellen. Das gilt auch dann, wenn der Anwalt ein Beitreibungsrecht gegen den Gegner nach § 126 ZPO nicht durchsetzen kann (vgl. Rdn 21). Zur Begründung seines Antrages kann er nunmehr auf die ausdrückliche Regelung verweisen, wonach die Staatskasse zur Einziehung bis zur Deckung auch der weiteren Vergütung gesetzlich gehalten ist (vgl. Rdn 12). Wird sein Antrag abgelehnt, ist der Rechtsbehelf der sofortigen Beschwerde gegeben (vgl. Rdn 24 ff.).
Rz. 41
Zahlt die Partei trotz bestehender Verpflichtung nicht, so macht es für den beigeordneten Anwalt wenig Sinn, eine Aufhebung der Prozesskostenhilfe nach § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO anzuregen. Zwar könnte er dann versuchen, seine restlichen Gebühren nach § 11 festsetzen zu lassen (Teil I A Nr. 2.3.6 VwV Vergütungsfestsetzung). Die Erfolgsaussicht dieses vereinfachten Verfahrens ist allerdings gering, weil Parteien häufig die Anwälte für ihre missliche Lage verantwortlich machen und deshalb materiell-rechtliche Einwendungen gegen die Festsetzung erheben. Abgesehen davon sähe sich der Anwalt vor die Notwendigkeit gestellt, für die Vollstreckung eines Festsetzungsbeschlusses selbst sorgen zu müssen. Deshalb wäre es für ihn vorteilhafter, wenn der Rechtspfleger von einer Aufhebung absieht und der Kostenbeamte die Außenstände der Gerichtskasse zur Einziehung überweist (Nr. 4.6 DB-PKHG).