1. Tatbestand

 

Rz. 28

Abs. 3 regelt die Konfliktfälle, in denen mehrere Anwälte beigeordnet worden sind und die eingezogenen Beträge nicht ausreichen, um allen die volle Vergütung eines Wahlanwalts (§ 13) zukommen zu lassen. Er ist also nicht einschlägig, wenn jeder Anwalt, der noch einen Restanspruch bis zur vollen Vergütung eines Wahlanwalts (§ 13) hat, aus dem Überschuss über die Grundkosten befriedigt werden kann.

2. Mehrere Anwälte in derselben Instanz

 

Rz. 29

Diese Fallgestaltung ist die Ausnahme, weil schon nach dem Gebot der sparsamen Prozessführung (vgl. auch § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO) besondere Umstände gegeben sein müssen, um der Partei mehrere Anwälte anstatt nur einen Anwalt beizuordnen (§ 121 Abs. 4 ZPO). Ein Verkehrsanwalt ist jedoch unter besonderen Umständen auf Antrag beizuordnen, wenn das Gericht einen Anwalt am Gerichtsort als Prozessbevollmächtigten beigeordnet hat.[37] Im Fall der Beiordnung eines nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen Rechtsanwalts als Prozessbevollmächtigten (vgl. § 121 Abs. 3 ZPO) kommt auf entsprechenden Antrag die Beiordnung eines Unterbevollmächtigten für die Wahrnehmung von Gerichtsterminen (Terminsvertreter gem. VV 3401) in Betracht, falls dessen Vergütung nicht oder nicht wesentlich höher ausfällt als die voraussichtlichen Reisekosten des Prozessbevollmächtigten (siehe § 46 Rdn 48).[38]

 

Rz. 30

Eine Mehrheit von Anwälten ist auch dann gegeben, wenn ausnahmsweise (vgl. auch § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO) ein Anwaltswechsel stattgefunden hat. Abs. 3 setzt nicht voraus, dass die Beiordnungen sich überschneiden müssen. Er gilt für das gesamte Verfahren unter Einschluss aller Instanzen. Bei einem Anwaltswechsel innerhalb derselben Instanz kann allerdings problematisch sein, in welchem Umfang der erste Anwalt an dem Verteilungsverfahren teilnimmt (§ 54).

 

Rz. 31

Sind mehrere Anwälte im Rahmen ihrer Beiordnung während der Instanz tätig gewesen, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle für jeden von ihnen den Unterschiedsbetrag (Differenz zwischen Vergütung nach der Gebührentabelle des § 49 und Vergütung eines Wahlanwalts (§ 13)) sowie die darauf anzurechnenden Zahlungen (§ 58), also die jeweils tatsächlich noch offene (= ungedeckte) Restforderung festzustellen und deren prozentualen Anteil an der Gesamtsumme aller noch offenen Restforderungen zu ermitteln. Dieser Prozentsatz bestimmt den Anteil des Anwalts an dem noch zur Verteilung anstehenden Überschuss.

 

Beispiel: Der beigeordnete Prozessbevollmächtigte hat bei einem Gegenstandswert von 32.000 EUR Anspruch auf eine Vergütung nach der Gebührentabelle des § 49 von 1.487,50 EUR (2,5 Gebühren zu je 492 EUR zuzüglich 20 EUR Post- und Telekommunikationspauschale und 19 % USt) und auf eine Vergütung eines Wahlanwalts (§ 13) von 3.105,90 EUR (2,5 Gebühren zu je 1.036 EUR zuzüglich 20 EUR Post- und Telekommunikationspauschale und 19 % USt). Von der Partei hat er 900 EUR erhalten. Der für einen weiteren, jedoch nicht mehr durchgeführten Termin beigeordnete Terminsvertreter hat Anspruch auf eine Vergütung nach der Gebührentabelle des § 49 von 404,36 EUR (0,65 Gebühren von 492 EUR zuzüglich 20 EUR Post- und Telekommunikationspauschale und 19 % USt) und auf eine Vergütung eines Wahlanwalts (§ 13) von 825,15 EUR (0,65 Gebühren von 1.036 EUR zuzüglich 20 EUR Post- und Telekommunikationspauschale und 19 % USt). Er hat noch keine Zahlungen von der Partei oder einem Dritten erhalten. Der bei der Staatskasse eingezogene Überschuss gem. Abs. 1 beläuft sich auf 620 EUR.

Es ist wie folgt abzurechnen:

1. Restforderung des Prozessbevollmächtigten

 
Vergütung eines Wahlanwalts (§ 13) 3.105,92 EUR
abzüglich Vergütung nach der Gebührentabelle § 49 – 1.487,50 EUR
ergibt den Unterschiedsbetrag von 1.618,42 EUR
abzüglich Zahlung gem. § 58 – 900,00 EUR
verbleibt eine Restforderung von 718,42 EUR

2. Restforderung des Terminsvertreters

 
Vergütung des Terminvertreters als Wahlanwalt (§ 13) 825,15 EUR
abzüglich Vergütung nach der Gebührentabelle § 49 – 404,36 EUR
ergibt den Unterschiedsbetrag von 420,79 EUR
abzüglich Zahlung gem. § 58 – 0,00 EUR
verbleibt eine Restforderung von 420,79 EUR

3. Überschussverteilung

 
a) Die Restforderung zu 1) 718,42 EUR
  hat an der Summe aller Restforderungen (1 + 2) 1.139,21 EUR
  einen prozentualen Anteil von 63,06 %
b) Die Restforderung zu 2) 420,79 EUR
  hat an der Summe aller Restforderungen (1 + 2) 1.139,21 EUR
  einen prozentualen Anteil von 36,94 %
c) Auszukehren sind  
  an den Anwalt zu 1) 63,06 % von 620 EUR Überschuss 390,97 EUR
  an den Anwalt zu 2) 36,94 % von 620 EUR Überschuss 229,03 EUR
    620,00 EUR
[37] Vgl. BGH 23.6.2004 – XII ZB 61/04, AGS 2004, 349 = RVGreport 2004, 356 = NJW 2004, 2749.
[38] Die bedürftige Partei ist kostenrechtlich (§§ 91 ff. ZPO) nicht gehalten, die Beiordnung eines Terminsvertreters zu beantragen, falls dessen Gebühren (deutlich) niedriger wären als die (ersatzfähigen) Reisekosten des Distanzanwalts (vgl. BGH 13.9.2005 – X ZB 30/04, NJW-RR 2005, 1662).

3. Verschiedene Anwälte in mehreren Instanzen

 

Rz. 32

Die Frage einer Anspruchskonkurrenz stellt sich nur, soweit die jeweilige Beiordn...

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