Rz. 139
Der Anspruch auf die Pauschvergütung verjährt in demselben Zeitraum, in dem auch die übrigen Vergütungsansprüche des Anwalts verjähren, also gem. § 195 BGB innerhalb von drei Jahren.
Rz. 140
Die Verjährung beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Pauschvergütung erstmals fällig geworden ist (§ 200 BGB). Im Normalfall ergeben sich keine Probleme. Die Fälligkeit der Vergütung tritt mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens ein, so dass der Anwalt ab dann mindestens drei Jahre Zeit hat, sich die Pauschvergütung bewilligen zu lassen und den Festsetzungsantrag nach § 55 zu stellen.
Rz. 141
Der Antrag auf Bewilligung hemmt den Ablauf der Verjährung. Maßgebend ist der Eingang des Antrags. Die Vorschrift des § 193 BGB gilt analog.
Rz. 142
Probleme treten auf, wenn der Pflichtverteidiger vorzeitig entpflichtet oder nur für einzelne Verfahrensabschnitte beauftragt worden ist. In diesem Fall tritt die Fälligkeit bereits mit Entpflichtung oder mit Beendigung des jeweiligen Verfahrensabschnitts ein (vgl. Rdn 130 ff.), so dass der Ablauf der Verjährungsfrist noch während des laufenden Verfahrens beginnt. Ob und inwieweit hier die Vorschrift des § 8 Abs. 2 helfen kann, ist fraglich, da der Anwalt nicht mehr mit weiteren Abwicklungstätigkeiten für den Vertretenen beauftragt ist, sondern nur noch in eigener Sache tätig wird. Im Extremfall kann Verjährung bereits vor dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens eingetreten sein. Der Anwalt sollte daher in den Fällen vorzeitiger Beendigung sofort die Bewilligung einer Pauschvergütung verlangen, um seine Ansprüche letztlich nicht zu verlieren.
Beispiel: Der Anwalt war vom LG als Pflichtverteidiger bestellt worden. Am 23.1.1997 wurde er entpflichtet und dem Angeklagten ein anderer Pflichtverteidiger bestellt. Im Sommer 1999 wurde das Verfahren durch freisprechendes Urteil rechtskräftig abgeschlossen. Erst am 12.10.2000 beantragte der Anwalt die Bewilligung einer Pauschvergütung gem. § 99 BRAGO (jetzt: § 51). Das OLG hat die Bewilligung einer Pauschvergütung abgelehnt, nachdem der Vertreter der Staatskasse die Einrede der Verjährung erhoben hatte.
Rz. 143
In den Fällen vorzeitiger Beendigung empfiehlt es sich daher, den Antrag auf Bewilligung der Pauschvergütung sofort zu stellen, auch wenn er erst später beschieden wird. Jedenfalls ist damit der Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt.
Rz. 144
Wird der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt im Laufe des Verfahrens entpflichtet, so wird es mitunter gar nicht möglich sein, die gesamten Verfahrensakten dem OLG zuzuleiten, damit dieses über die Bewilligung einer Pauschvergütung entscheidet. Die Akten werden u.U. unabkömmlich sein, so dass sich die Entscheidung des OLG möglicherweise über lange Zeit verzögert. Dies kann nicht dem Pflichtverteidiger entgegengehalten werden. Daher muss bereits der Antrag auf Bewilligung der Pflichtverteidigervergütung zur Hemmung der Verjährung führen.
Rz. 145
Die Frage der Verjährung ist nicht im Bewilligungsverfahren nach § 51 zu prüfen. Die gegenteilige Auffassung des OLG Hamm ist unzutreffend. Die Frage der Verjährung hat erst der Urkundsbeamte bei der Festsetzung zu beachten, sofern sich die Staatskasse auf Verjährung beruft. Zuständig für die Erhebung der Einrede der Verjährung ist folglich der Bezirksrevisor beim LG und nicht der Vertreter der Staatskasse beim OLG, das über die Bewilligung entscheidet.
Rz. 146
Folgt man der Auffassung des OLG Hamm, dass die Frage der Verjährung im Bewilligungsverfahren zu prüfen sei, so darf bei Eintritt der Verjährung jedenfalls nicht der Antrag in vollem Umfang abgelehnt werden, wenn schon Abschlagszahlungen erfolgt sind. Das verkennt das OLG Hamm.
Beispiel: In dem der Entscheidung des OLG Hamm zugrunde liegenden Fall, in dem der Pflichtverteidiger vorzeitig entpflichtet worden war, hatte er während des Verfahrens Abschlagszahlungen erhalten. Das OLG Hamm lehnte ungeachtet dessen den späteren Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung ab, da der Anspruch verjährt gewesen sei.
Rz. 147
Die Ablehnung der Pauschvergütung hätte in solchen Fällen streng genommen zur Folge, dass der Pflichtverteidiger die Abschlagszahlungen rechtsgrundlos erhalten hat und somit zurückgewähren müsste. Selbst wenn man also der Auffassung folgt, die Verjährung sei im Bewilligungsverfahren zu prüfen, dann muss zumindest in Höhe der tatsächlich geleisteten Abschlagszahlungen die (nicht verjährte) Pauschvergütung bewilligt werden. Ein Rückforderungsanspruch muss insoweit ungeachtet der zwischenzeitlich eingetretenen Verjährung ausscheiden. Insoweit wird man § 222 Abs. 2 BGB analog heranziehen müssen. Wenn schon eine in Unkenntnis der Verjährung geleistete Zahlung nicht zurückverlangt werden kann, dann kann erst recht eine vor Eintritt der Verjährung gezahlte Abschlagsleistung nicht zurückgefordert werden.