Rz. 62
In der Regel wird die besondere Schwierigkeit auf rechtliche Merkmale zu stützen sein. Hier sind folgende Aspekte zu beachten:
Rz. 63
– Abgelegene Rechtsgebiete
Abgelegene Rechtsgebiete führen in der Regel zu einer besonderen Schwierigkeit der Sache. Dies gilt nicht nur dann, wenn die Sache strafrechtlich schwierig ist, sondern auch dann, wenn Vorfragen aus anderen Rechtsgebieten zu berücksichtigen sind. Die Rechtsprechung hat besondere Schwierigkeiten bejaht bei: Kenntnissen im Abfallrecht, patentrechtlichen Fragen, Fragen des Außenwirtschaftsgesetzes, ausländischem Recht.
Rz. 64
– Besuche in der Justizvollzugsanstalt
Eine Vielzahl von Besuchen in der Justizvollzugsanstalt hat nicht nur für den besonderen Umfang der Sache Bedeutung (vgl. Rdn 28), sondern kann auch ein Indiz für die besondere rechtliche Schwierigkeit sein.
Rz. 65
– BtM-Gesetz
Liegen dem Verfahren Verstöße gegen das BtM-Gesetz zugrunde, rechtfertigt dies für sich allein noch nicht eine besondere Schwierigkeit.
Rz. 66
– Erfordernis besonderer steuerlicher, buchhalterischer oder wirtschaftlicher Kenntnisse
Auch diese Kenntnisse, wenn sie zur Bearbeitung der Sache erforderlich sind, können eine besondere Schwierigkeit ausmachen.
Rz. 67
– Gutachten
Die Einholung zahlreicher Gutachten kann ein Indiz für die besondere Schwierigkeit sein. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, wenn sich widersprechende Gutachten vorliegen, die gegeneinander abgewogen werden müssen.
Rz. 68
– Revisionsverfahren
Allein die Tatsache, dass es sich um Revisionsverfahren handelt, ist für sich genommen bedeutungslos und wird durch die höheren Gebühren abgegolten.
War eine besonders umfangreiche Vorbereitung für die Revisionshauptverhandlung erforderlich und musste sich der Pflichtverteidiger nicht nur mit mehreren umfangreichen Verfahrensrügen, sondern auch mit schwierigen sachlich-rechtlichen Fragen befassen, so ist ein Betrag in Höhe von 1.000 EUR gerechtfertigt und angemessen.
Wenn in einem Revisionsverfahren erstmals höchstrichterlich grundlegende Fragen geklärt werden, kann dem für das Revisionsverfahren neu bestellten Pflichtverteidiger für seine gesamte Tätigkeit im Revisionsverfahren eine Pauschgebühr bewilligt werden.
Rz. 69
– Sprachkenntnisse
Besondere Schwierigkeiten können gegeben sein, wenn mit dem Mandanten in einer fremden Sprache kommuniziert werden muss. Besondere Sprachkenntnisse des Verteidigers können daher zu berücksichtigen sein.
Rz. 70
– Schuldfähigkeit
Besondere Schwierigkeiten können sich auch aus der Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten ergeben.
Rz. 71
– Staatsschutzsachen
Staatsschutzsachen sind in aller Regel als rechtlich schwierig anzusehen.
Rz. 72
– Strafvollstreckungssachen
Der Gesetzgeber hat dem besonderen Schwierigkeitsgrad der in VV 4200 eingeordneten Strafvollstreckungsverfahren schon dadurch Rechnung getragen, dass der Verteidiger hier höhere (gesetzliche) Gebühren erhält als in "sonstigen" Strafvollstreckungsverfahren. In Unterbringungsverfahren ist bei einem Streit um die Vollstreckungsreihenfolge die Gewährung einer Pauschgebühr grundsätzlich nicht angezeigt, da die dem Pflichtverteidiger zustehenden gesetzlichen Gebühren nicht unzumutbar sind. Ein solches Verfahren ist nicht besonders schwierig i.S.d. § 51 Abs. 1.
Rz. 73
– Wirtschaftsstrafsache
Eine rechtlich besonders schwierige Sache liegt nicht schon allein deshalb vor, weil es sich um eine Wirtschaftsstrafsache handelt.
Dagegen sind Verfahren vor einer Wirtschaftsstrafkammer grundsätzlich als schwierig anzusehen und einer Schwurgerichtssache vergleichbar, zumal der Gesetzgeber wie bisher nur bei Schwurgerichtsverfahren nunmehr auch dem in der Regel höheren Schwierigkeitsgrad von Strafsachen, die vor einer Wirtschaftsstrafkammer nach § 74c GVG verhandelt werden, durch erheblich höhere gesetzliche Gebühren gegenüber Verfahren, die vor einer allgemeinen Strafkammer verhandelt werden, Rechnung getragen hat. Auch hier ist allerdings stets eine Einzelfallprüfung vorzunehmen.
Rz. 74
Ergänzend sei auch insoweit zu weiteren Nachweisen aus der Rspr. verwiesen auf KostRsp. BRAGO § 99 und Burhoff, ZAP Fach 24, S. 625, dort S. 640 – ABC der Pauschvergütung.