Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 4
Die Beiordnung eines anderen Anwalts "setzt in der Regel voraus, dass Tatsachen dargetan und glaubhaft gemacht werden, die auch eine vernünftige vermögende Partei veranlasst hätten, das bisherige Mandat zu kündigen und die durch einen Anwaltswechsel entstehenden Mehrkosten zu tragen". Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen, kann von der Staatskasse nicht zur Überprüfung gestellt werden; sie muss die neue Beiordnung ohne Anfechtungsmöglichkeit hinnehmen. Andererseits kann sie sich auf eine Einschränkung der Beiordnung berufen, soweit diese nicht erfolgreich angefochten worden ist (Rdn 18; siehe § 46 Rdn 28). Die Überprüfung findet erst statt, wenn der zunächst beigeordnet gewesene Anwalt liquidieren will. Erweist sich alsdann der Anwaltswechsel als notwendig i.S.d. § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO, steht der vollen Vergütung nichts entgegen. Ein notwendiger Anwaltswechsel ist begrifflich dem ersten Anwalt nicht zurechenbar und führt stets zu einem Nebeneinander der Vergütungsansprüche beider Anwälte. Im Fall ihrer Beiordnung hat die Staatskasse für jeden von ihnen einzustehen und einen Erstattungsanspruch gegen den Gegner gem. § 59, soweit die Partei obsiegt.
Rz. 5
Ein vermeidbar gewesener Anwaltswechsel kann einerseits von der Partei und zum anderen durch den (ersten) Anwalt veranlasst worden sein. Problematisch erscheint die Situation, wenn sich das Vertragsverhältnis aufgrund unüberbrückbarer Differenzen so zuspitzt, dass es zu einer Mandatsentziehung kommt. Das ist regelmäßig ein wichtiger Grund i.S.d. § 48 Abs. 2 BRAO für die Aufhebung der Beiordnung, der allerdings nicht immer allein in der Person der Partei liegen muss. Denkbar ist auch, dass der Anwalt durch eine unbefriedigende Geschäftsbesorgung die Entziehung des Mandats geradezu herausgefordert hat. Eine solche Fallgestaltung dürfte sich jedoch tatsächlicher Aufklärungshindernisse wegen praktisch kaum feststellen lassen. Derartige Kausalitätszweifel gehen zu Lasten der Staatskasse, wenn sie den Anspruch des Anwalts auf die an sich verdienten Gebühren (teilweise) zu Fall bringen will.
Rz. 6
Verursacht wurde die ersatzweise Beiordnung eines anderen Anwalts durch den ersten Anwalt ohne weiteres, wenn dieser seine Tätigkeit nicht mehr ausüben kann. Dafür kommen sowohl gesundheitliche als auch berufsrechtliche Gründe in Betracht. Nicht jedes ursächliche Verhalten erfüllt das Tatbestandsmerkmal des Veranlassens. Um es dem Anwalt als anspruchshindernde Handlung zurechnen zu können, muss ihm die Beiordnung des anderen Anwalts als Folge eines Verstoßes gegen seine Pflichten vorzuhalten sein, da jede Verschuldenshaftung ein kausal rechtswidriges Verhalten voraussetzt.