a) Frist
Rz. 88
Dem beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt ist es grundsätzlich. nicht verwehrt, bei irrtümlich zu niedrig beantragter Vergütung die nicht erhobenen Beträge aus der Staatskasse nachzufordern.[191] Nachforderungen sind jedenfalls innerhalb der in § 20 GKG geregelten Nachforderungsfrist (vgl. Rdn 86 f.) zulässig.[192] Teilweise wird sogar davon ausgegangen, dass diese Frist für die Nachforderung nicht gilt.[193]
b) Änderung der Rechtsprechung
Rz. 89
Die Frage der Nachliquidation und der Verwirkung des Vergütungsanspruchs (vgl. Rdn 86 f.) stellt sich insbesondere bei Änderung der Rechtsprechung. Bei streitigen Fragen muss mit der Änderung der Rechtsprechung stets gerechnet werden, so dass die Nachliquidation bei günstiger Entwicklung der Rechtsprechung nicht als treuwidrig angesehen werden kann und jedenfalls kein geringerer Zeitraum für die Verwirkung als in entsprechender Anwendung von § 20 GKG anzunehmen ist.[194] Die Nachliquidation kann z.B. in Frage kommen, wenn der beigeordnete Rechtsanwalt, aufgrund der früheren Rechtsprechung des BGH zur Anrechnung der Geschäftsgebühr,[195] von vornherein lediglich eine um die teilweise Anrechnung derselben verringerte Verfahrensgebühr gegen die Staatskasse geltend gemacht hatte, obwohl er die Geschäftsgebühr nicht erhalten hatte.[196] Ist die vom beigeordneten Rechtsanwalt gegen die Staatskasse geltend gemachte Verfahrensgebühr vom Urkundsbeamten um die vom Anwalt nicht vereinnahmte Geschäftsgebühr anteilig gekürzt worden, kann gegen diese Kürzung mit der unbefristeten Erinnerung gem. § 56 vorgegangen werden. Allerdings kann sich hier die Frage der Verwirkung des Erinnerungsrechts stellen (vgl. dazu Rdn 86 f. und § 56 Rdn 12 f.).
c) Rechtskräftige Entscheidung
Rz. 90
Nur wenn z.B. über die Kürzung der Verfahrensgebühr aufgrund teilweiser Anrechnung einer entstandenen Geschäftsgebühr bereits bestandskräftig gerichtlich entschieden wurde (z.B. gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 S. 3 durch abschließende Entscheidung des OLG[197]), kommt keine Nachliquidation mehr in Betracht.[198] Die Rechts- bzw. Bestandskraft einer Vergütungsfestsetzung gem. § 55 bezieht sich damit nur auf die im Festsetzungsantrag geforderten und abschließend beschiedenen Beträge.[199] Wenn daher eine abschließende negative Entscheidung über eine zur Festsetzung angemeldete Kostenposition getroffen worden ist, ist die Nachliquidation ausgeschlossen.
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