Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Erstinstanzliche Zuständigkeit und Verfahren nach VV Teil 3 (Abs. 1 S. 1, Abs. 2)
Rz. 91
Die Festsetzung erfolgt nach dem in Abs. 1 S. 1 enthaltenen Grundsatz durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs. Dieser setzt also auch die in einer höheren Instanz angefallene Vergütung fest. Eine Ausnahme gilt allerdings für Angelegenheiten mit Gebühren nach VV Teil 3. Solange das Verfahren hier nicht durch rechtskräftige Entscheidung oder in sonstiger Weise beendet ist, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten des Gerichts des Rechtszugs. Wird der Vergütungsantrag also beispielsweise in der laufenden Berufungsinstanz gestellt (§ 47), setzt der Urkundsbeamte der Berufungsinstanz die Vergütung fest. Vor Beendigung eines höheren Rechtszugs i.S.v. Abs. 3 ist der Urkundsbeamte des Gerichts des höheren Rechtszugs zuständig. Hat aber ein Rechtsmittelgericht im Beschwerdeverfahren (§ 127 ZPO) lediglich die Beiordnung für die erste Instanz angeordnet, setzt die Vergütung der ersten Instanz auch dessen Urkundsbeamter fest.
b) Landes- und Bundeskasse
Rz. 92
Das gilt insbesondere auch, wenn die Landes- und Bundeskasse betroffen sind. Nach Beendigung des Verfahrens i.S.v. Abs. 2 muss stets das erstinstanzliche Gericht entscheiden, auch wenn der Anspruch nicht gegen die Landeskasse, sondern gegen die Bundeskasse gerichtet ist. Vom Wortlaut des Abs. 2 ist zudem umfasst, dass im höheren Rechtszug über den Antrag eines Anwalts entschieden wird, der in einem unteren Rechtszug beigeordnet oder bestellt worden ist. Bei Zurückverweisung in Verfahren nach VV Teil 3 ist ebenso der umgekehrte Fall denkbar.
c) Anhängigkeit
Rz. 93
In einem Verfahren nach VV Teil 3 obliegt es dem beigeordneten oder bestellten Anwalt darauf zu achten, ob die Sache noch oder wieder bei dem Gericht anhängig ist, das ihn beigeordnet oder bestellt hat. Ist das nicht der Fall, muss er das Gericht ermitteln, bei dem die Sache nun anhängig ist, weil er seinen Festsetzungsantrag an dieses Gericht richten muss. Das gilt hier nicht nur für die Verweisung oder Abgabe an ein anderes erstinstanzliches Gericht (vgl. Rdn 60), sondern darüber hinaus auch für die Verweisung an ein Gericht eines anderen Rechtswegs und für jede Abgabe an ein Rechtsmittelgericht. Steht indes fest, dass die Sache abgeschlossen ist, bedarf es keiner weiteren Recherche. Dann befindet sich der Vorgang bei dem letzten erstinstanzlichen Gericht als der aktenführenden Stelle (zu Freiheitsentziehungsverfahren (§ 415 FamFG), Abschiebehaftsachen (§ 62 AufenthG) und Unterbringungssachen (§ 312 FamFG) vgl. Rdn 94).
d) Straf- und Bußgeldsachen und Verfahren nach VV Teil 6
Rz. 94
Der in einer Strafsache oder einem gleichgestellten Verfahren (VV Teil 4–Teil 6) beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt hat seinen Antrag auf Festsetzung einer Vergütung oder eines Vorschusses aus der Staatskasse stets bei dem Gericht des ersten Rechtszuges anzubringen. In Verfahren nach dem IRG (ausgenommen Verfahren nach §§ 87–87n IRG) und dem IStGH-Gesetz (vgl. VV 6101, 6102) erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des OLG. Da sich die Vergütung in Freiheitsentziehungsverfahren nach § 415 FamFG und § 62 AufenthG (Abschiebehaftsachen) und in Unterbringungssachen nach § 312 FamFG nach VV 6300 richtet (vgl. VV Vorb. 3 Abs. 7), ist für die Festsetzung der Vergütung nach Abs. 1 das erstinstanzliche Gericht und nicht das Rechtsmittelgericht nach Abs. 2 zuständig. Aus der Anm. ergibt sich, dass VV 6300 auch im Rechtsmittelverfahren gilt und dort keine Gebühren nach VV Teil 3 anfallen. Die Gebühr entsteht für jeden Rechtszug (vgl. VV 6300 Rdn 25). Das gilt auch für die Festsetzung der Vergütung des in Verfahren nach dem ThUG gem. § 7 ThUG beigeordneten Beistands (siehe die Erl. zu § 62). Unerheblich ist, ob er von diesem Gericht beigeordnet oder bestellt wurde oder ob er vor diesem Gericht tätig geworden ist.
Rz. 95
Auch wenn er erstmalig in der Berufungs- oder Revisionsinstanz beigeordnet oder bestellt wurde und wenn die Bundeskasse Vergütungsschuldnerin ist (§ 45 Abs. 1), bleibt es bei der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts. Denn Abs. 2 gilt nur für Angelegenheiten nach VV Teil 3. Das erstinstanzliche Gericht setzt bei der Zahlungspflicht der Bundeskasse lediglich die Vergütung fest. Die Auszahlung erfolgt aus der Bundeskasse (vgl. dazu § 45). Meldet der Anwalt Ansprüche sowohl gegen die Landeskasse als auch gegen die Bundeskasse gleichzeitig an, braucht er auf die unterschiedlichen Vergütungsschuldner nur hinzuweisen, wenn sich diese nicht ohnehin aus den angemeldeten Gebühren ergeben.