Rz. 179
Kommt der Anwalt seiner Darlegungslast nach, indem er die Bestimmung von Beträgen oberhalb der Mittelgebühren auf glaubhaftes tatsächliches Vorbringen stützt, scheidet eine niedrigere Festsetzung in der Regel aus, auch wenn der Urkundsbeamte fehlerfrei zu der Einschätzung gelangt, die Fakten tragen die Erhöhung nicht.[357] Das Bestimmungsrecht des Anwalts nach § 14 Abs. 1 S. 1 enthält einen Beurteilungsspielraum, den auszufüllen der Entscheidungskompetenz des Anwalts unterliegt. Deshalb braucht die Höhe der von ihm bestimmten Gebühren dem Urkundsbeamten lediglich als (noch) vertretbar zu erscheinen. An dieser Voraussetzung fehlt es nach allgemeiner Meinung erst dann, wenn die vom Anwalt bestimmten Beträge um mehr als 20 % über den Beträgen liegen, die das Gericht[358] als angemessen erachtet.[359] Abweichungen bis einschließlich 20 % liegen noch innerhalb des Toleranzbereichs, den die Staatskasse als nicht unbillig hinnehmen muss.[360]
Rz. 180
Aus der Toleranzgrenze von 20 % folgt allerdings nicht, dass die Mittelgebühr in der Weise mit dem Ermessensspielraum des Rechtsanwalts nach § 14 Abs. 1 S. 1 verbunden ist, dass der Rechtsanwalt berechtigt ist, die Mittelgebühr ohne weitere Begründung um 20 % zu erhöhen. Die Mittelgebühr ist in den ihr zugeordneten durchschnittlichen Fällen als ein fester, vom Rechtsanwalt nicht zu überschreitender Wert zu verstehen. Die Überschreitung der Mittelgebühr ist nur nach näherer Begründung anhand der besonderen Umstände des Einzelfalls zulässig, nicht aber unter Hinweis auf die Toleranzgrenze von 20 %. Wäre es dem Rechtsanwalt gestattet, bei der Gebührenbestimmung auch in durchschnittlichen Fällen immer um bis zu 20 % über die Mittelgebühr hinauszugehen, würde die Mittelgebühr durch eine um 20 % erhöhte Gebühr abgelöst werden.[361]
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