Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Auslegung
Rz. 39
Hat der Anwalt sich entschieden, trotz anderer Optionen oder daneben einen Antrag nach Abs. 1 S. 1 zu stellen, muss er dies eindeutig verlautbaren. Das gilt insbesondere dann, wenn mehrere Möglichkeiten offensichtlich sind und der Anwalt zugleich andere Anträge stellt, die Verfahrenskosten zum Gegenstand haben. Für die Geschäftsstelle des Gerichts, die den Antrag entgegennimmt, darf nicht zweifelhaft erscheinen, welches Rechtsschutzbegehren an sie herangetragen wird. Gelegentlich reichen Anwälte nach gewonnenem Prozess lediglich eine Aufstellung der verdienten Wertgebühren ein. Bei Gegenstandswerten bis 4.000 EUR ist dann nicht klar, ob sie einen Kostenerstattungsantrag aus eigenem Beitreibungsrecht (§ 126 ZPO) oder für die Partei (§§ 103 ff. ZPO) oder einen Festsetzungsantrag (§ 55) gegen die Staatskasse stellen wollen. In diesen Fällen ist es angezeigt, den Antrag als einen solchen nach § 55 zu bezeichnen. Zweifel an dem Begehren des Anwalts bestehen allerdings dann nicht, wenn er bei Gegenstandswerten über 4.000 EUR nur die Grundvergütung nach § 49 oder bei Rahmengebühren nur die für den beigeordneten oder bestellten Anwalt vorgesehenen Festbeträge geltend macht.
b) Glaubhaftmachung der einzelnen Ansätze
aa) Gesetzliche Grundlage
Rz. 40
Soweit die jeweiligen Gebührentatbestände oder etwaigen Auslagen sich nicht aus der Gerichts- oder Verfahrensakte ergeben, streitig oder nicht anderweitig für den Urkundsbeamten ohne weiteres ersichtlich sind, hat der beigeordnete oder bestellte Anwalt sie wie ein Erstattungsgläubiger im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 104 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen, Abs. 5 S. 1. Es muss dargelegt werden, dass eine Gebühr oder eine Auslage tatsächlich angefallen ist und dass die Ansätze erforderlich waren. Auch bei Zweifeln an der Urheberschaft oder inhaltlichen Richtigkeit eines Antrags kann der Urkundsbeamte weitere Auskünfte zur Glaubhaftmachung einholen und die Vorlage von Originaldokumenten verlangen. Das gilt insbesondere auch für die Beratungshilfe, weil hier der Urkundsbeamte regelmäßig nicht auf in dem gerichtlichen Beratungshilfevorgang enthaltene Unterlagen zurückgreifen kann, aus denen sich die tatsächlichen Voraussetzungen für die Entstehung von Gebühren ergeben. Denn darin befinden sich häufig nur die Bewilligungsunterlagen, ggf. der Berechtigungsschein und der Vergütungsantrag.
bb) Art und Weise der Glaubhaftmachung
Rz. 41
Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt dessen Glaubhaftmachung. Ein Ansatz ist glaubhaft dargelegt, wenn der Erklärungsempfänger bei objektivierender Betrachtung und freier und verständiger Würdigung des gesamten Vorbringens die Einschätzung gewinnt, dass der anspruchsauslösende Tatbestand höchstwahrscheinlich zutreffend vorgetragen worden ist. Hierfür reicht es aus, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Vergütungstatbestandes mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen. Es bedarf keiner vollständigen Gewissheit, wohl aber der Erkenntnis, dass Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung nicht angebracht sind. Um einen derartigen Sachstand herbeizuführen, kann sich der Anwalt grds. sämtlicher Nachweismöglichkeiten bedienen. Zur Glaubhaftmachung können gem. § 294 Abs. 1 ZPO alle üblichen Beweismittel verwendet werden, sofern sie präsent sind sowie die Versicherung an Eides statt und grds. auch die anwaltliche Versicherung. Grundlage der Entscheidung ist ein den konkreten Umständen angepasstes Maß an Glaubhaftigkeit.
Rz. 42
Die Frage, ob als entstanden angemeldete Kosten nach § 55 Abs. 5 S. 1 hinreichend glaubhaft gemacht sind, ist stets im Einzelfall und angepasst an die konkreten Umstände zu beurteilen, wobei die tatsächlich zur Verfügung stehenden Beweismittel, die Höhe der Auslagen und die Bedeutung der Angelegenheit, aber auch Zumutbarkeitserwägungen eine Rolle spielen können. Der Urkundsbeamte kann deshalb die Vorlage aussagekräftiger Beweismittel, auch von Originaldokumenten, verlangen, insbesondere auch von Kopien aus der Handakte, bei Reisekosten von Fahrkarten, Quittungen und Hotelrechnungen, bei umfangreichen Kopien eine Rechnung des Kopiergeschäfts.
Rz. 43
Jedenfalls bei der Geltendmachung einer ungewöhnlich hohen Dokumentenpauschale (VV 7000) ist die Vorlage greifbarer und vorhandener Belege nicht mit besonderen Schwierigkeiten verbunden oder unzumutbar. Dazu kann die Vorlage einer Kopier- oder Ausdruckliste gehören, die das tatsächlich in Ansatz geb...