Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
I. Festsetzung von Vorschüssen, Grundvergütung oder Beratungshilfevergütung
1. Geltungsbereich
a) Beigeordnete/Bestellte Rechtsanwälte, Beratungshilfe
Rz. 9
§ 55 gilt für alle gerichtlich beigeordneten oder bestellten Rechtsanwälte (vgl. hierzu auch die Erl. zu § 1 Abs. 1) sowie den Beratungshilfeanwalt (vgl. dazu § 45). Unerheblich ist, in welcher Gerichtsbarkeit oder nach welcher Verfahrensordnung der Anwalt beigeordnet oder bestellt wurde. Auch der im Bußgeldverfahren von der Verwaltungsbehörde bestellte Rechtsanwalt ist erfasst (Abs. 7; siehe Rdn 182). Die Festsetzung gem. § 55 erfolgt daher insbesondere für den im Wege der PKH oder in Familiensachen im Wege der VKH (vgl. § 12) beigeordneten Rechtsanwalt, dem gem. § 12 die nach § 11a ArbGG und § 4a InsO beigeordneten Rechtsanwälte gleichgestellt sind.
Rz. 10
§ 55 gilt darüber hinaus z.B. auch für den Pflichtverteidiger, für den Zeugenbeistand (§ 68b StPO; vgl. auch § 59a Rdn 12 ff.), für den Beistand des Nebenklägers oder Verletzten (§§ 397a, 406h Abs. 3 StPO), für den zum Prozesspfleger gem. §§ 57, 58 ZPO bestellten Rechtsanwalt und für den gem. §§ 137, 270 FamFG und § 67a Abs. 1 S. 2 VwGO beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt. Das Festsetzungsverfahren richtet sich auch bei der Beiordnung oder Bestellung durch die in § 59a genannten Justizbehörden nach § 55 (§ 59a Rdn 15 und 24). § 55 Abs. 1 wird ferner in § 8 PsychPbG für den gem. § 406g Abs. 3 StPO dem Verletzten beigeordneten psychosozialen Prozessbegleiter für entsprechend anwendbar erklärt und gilt auch für den gem. § 7 ThUG beigeordneten Rechtsanwalt, vgl. § 20 ThUG (§ 62 Rdn 35).
b) Pauschgebühr gem. § 51
Rz. 11
Auch die gem. § 51 z.B. in Straf- und Bußgeldsachen und Verfahren nach dem IRG und IStGH-Gesetz festgesetzte Pauschgebühr ist vor der Auszahlung durch den Urkundsbeamten im Verfahren gem. § 55 festzusetzen. Eine Auszahlung allein aufgrund der Bewilligung durch das OLG ist nicht möglich.
c) Vorschuss gem. § 47
Rz. 12
Das Verfahren zur Festsetzung des Vorschusses gem. § 47 richtet sich ebenfalls nach § 55. Das ergibt sich bereits aus dem klaren Wortlaut von § 55 Abs. 1 S. 1. Deshalb muss der beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt in seinem Antrag auf Festsetzung des Vorschusses insbesondere auch gem. § 55 Abs. 5 S. 2 angeben, ob und welche Zahlungen er bis zum Tag der Beantragung des Vorschusses erhalten hat. Insbesondere vorschussweise geltend gemachte Auslagen sind gem. § 55 Abs. 5 S. 1, § 104 Abs. 2 ZPO ggf. darzulegen und glaubhaft zu machen. Eine anwaltliche Versicherung reicht nur für vorschussweise verlangte Entgelte für Post- und Telekommunikationsentgelte aus, § 55 Abs. 5 S. 1, § 104 Abs. 2 S. 2 ZPO, nicht aber für andere Auslagen (vgl. Rdn 40 ff.).
2. Beteiligte und Antragsberechtigung
a) Anwalt und Staatskasse
Rz. 13
Beteiligte im Festsetzungsverfahren gem. § 55 sind nur der beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt und die Staatskasse, zumal die Vergütungsfestsetzung für andere Personen keine Rechtskraftwirkung entfaltet. Der Vertreter der Staatskasse ist im Festsetzungsverfahren ein mit eigenen Rechten ausgestatteter Beteiligter. Er kann sich auf eine eigene Rechtsstellung und dieselben prozessualen Rechte wie der Rechtsanwalt berufen. Antragsberechtigt sind alle beigeordneten oder bestellten Rechtsanwälte (vgl. Rdn 9), denen deshalb ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zusteht (§ 45).
b) Keine Antragsberechtigung
Rz. 14
Nicht antragsberechtigt sind der Mandant des Rechtsanwalts/die Partei oder der Gegner des Mandanten. Die von dem beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt vertretene Partei oder deren Gegner sind an dem Festsetzungsverfahren nicht beteiligt. Das ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, weil die Partei gem. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vor der Geltendmachung von Vergütungsansprüchen durch den im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt geschützt ist. Hält die Partei oder deren Gegner die nach § 55 festgesetzte Vergütung für zu hoch, können sie diese im Rahmen des Gerichtskostenansatzes nach Anspruchsübergang gem. § 59 oder nach Anforderung gem. GKG-KostVerz. 9007 anfechten (vgl. z.B. gem. §§ 66 GKG, 57 FamGKG).
c) Sozietät
Rz. 15
Nach der Rechtsprechung des BGH kann bei PKH auch eine Sozietät beigeordnet werden. Dann steht auch der Sozietät der Vergütungs...