Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
aa) Prüfung im Verfahren gem. § 55
Rz. 154
Ergeben sich Hinweise darauf, dass der Anwalt den Mandanten nicht interessengerecht vertreten haben könnte wie etwa bei einer willkürlichen Aufspaltung oder Trennung der Angelegenheit in mehrere Verfahren und damit mehrere gebührenrechtliche Angelegenheiten, wird die Auffassung vertreten, dass der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dem nachzugehen und solche Gebühren abzusetzen hat, die bei sachgerechter – insbesondere kostengünstiger – Handhabung des Mandats nicht angefallen wären (siehe § 45 Rdn 49 f.). Das soll auch für die Beratungshilfe gelten. Die Auffassung, dass die Verpflichtung des beigeordneten Rechtsanwalts zur kostensparenden Prozessführung im Festsetzungsverfahren gem. § 55 zu prüfen ist, wird insbesondere in der Arbeitsgerichtsbarkeit vertreten: Wenn aus der Sicht einer bemittelten Partei für die Geltendmachung mehrerer Ansprüche in verschiedenen arbeitsgerichtlichen Verfahren keine vernünftigen Gründe bestanden haben, erhält der Rechtsanwalt aus der Staatskasse lediglich die Vergütung für ein wegen aller Ansprüche fiktiv geführtes einheitliches Verfahren (subjektive Klagehäufung).
bb) Prüfung bei der PKH-Bewilligung
Rz. 155
Es erscheint allerdings fraglich, ob sich das stark formalisierte Festsetzungsverfahren vom Grundsatz her dafür eignet, eine nachträgliche Beurteilung der Prozess- und Verfahrensführung vorzunehmen und insbesondere festzustellen, ob diese mutwillig (§ 114 ZPO) war. Deshalb wird teilweise auch die Auffassung vertreten, dass Sachverhalte, die das Gericht bei der Bewilligung der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe geprüft hat oder hätte prüfen müssen, für die Vergütungsfestsetzung nach § 55 bindend sind. Die Beurteilung des Gerichts kann dann in der Vergütungsfestsetzung nicht mehr in Zweifel gezogen oder abweichend beurteilt werden.
Rz. 156
Es wird daher grundsätzlich darauf abzustellen sein, dass die Frage der kostensparenden Prozessführung nur im Rahmen der Prüfung der Mutwilligkeit (§ 114 ZPO) bei der Bewilligung der Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe und der Beiordnung und nicht erst im Festsetzungsverfahren zu prüfen ist. Eine gegenständliche Beschränkung der Bewilligung und Beiordnung (siehe Rdn 127) muss deshalb bereits in der Grundentscheidung zum Ausdruck kommen. Es reicht nicht, den Einwand vermeidbarer Mehrkosten der Festsetzung gem. § 55 vorzubehalten, weil dann ein Widerspruch zwischen uneingeschränkter PKH-Bewilligung und eingeschränkter Kostenfestsetzung auftreten kann. Wird aber eine Beschränkung in der Bewilligung bzw. Beiordnung ausgesprochen, ist diese für die Festsetzung bindend (siehe dazu Rdn 127 ff.).
cc) Sonderfall: Scheidungsverbund
Rz. 157
Die Frage der kostensparenden Prozess- bzw. Verfahrensführung stellt sich häufig auch dann, wenn eine Familiensache außerhalb und nicht als Folgesache innerhalb des Scheidungsverbunds anhängig gemacht worden ist. Der BGH hatte insoweit entschieden, dass die Geltendmachung einer zivilprozessualen Scheidungsfolgensache (bis 1.9.2009) außerhalb des Verbundverfahrens grundsätzlich nicht mutwillig i.S.v. § 114 ZPO ist. Das hatte der BGH im Wesentlichen damit begründet, dass die Sicht einer vermögenden Partei maßgebend ist, die in erster Linie auf die sie allein treffenden und nicht die gesamten Kosten achtet. Jedenfalls im Falle der isolierten Geltendmachung einer zivilprozessualen Folgesache (vgl. seit 1.9.2009: § 112 FamFG: Familienstreitsache) erlangt die obsiegende Partei einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner, während im Scheidungsverbund auch die Kosten der Folgesachen gegeneinander aufgehoben werden. Eine Kostenen...