Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Keine Änderung von Amts wegen
Rz. 184
Hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle versehentlich zu viel festgesetzt, ergibt die Endabrechnung des Verfahrens oder eine nachträgliche Änderung der Rechtsprechung oder Herabsetzung des Streitwertes, dass die Staatskasse dem bestellten oder beigeordneten Anwalt einen geringeren als den festgesetzten Betrag geschuldet hat, dann kann der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle nicht von sich aus eine Rückzahlungsanordnung treffen. Deshalb verbietet sich insbesondere eine analoge Anwendung des § 19 Abs. 5 GKG, wonach ein Kostenansatz im Verwaltungsweg berichtigt werden kann, solange nicht eine gerichtliche Entscheidung getroffen ist.
Rz. 185
Eine (rückwirkende) Aufhebung der Bewilligung von PKH hat keinen Einfluss auf den Vergütungsanspruch für bereits geleistete Tätigkeiten, so dass insoweit ohnehin keine Rückfestsetzung in Betracht kommt.
2. Rechtsmittel der Staatskasse erforderlich
Rz. 186
Der Vertreter der Staatskasse – für die Landeskasse ist das in der Regel der Bezirksrevisor – hat allerdings die Möglichkeit, gegen eine von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommene Festsetzung Erinnerung gem. § 56 Abs. 1 oder Beschwerde einzulegen mit dem Ziel, eine Verringerung der Vergütung zu erreichen. Dem muss der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle abhelfen, wenn er die Erinnerung für begründet erachtet (vgl. § 56 Rdn 16 ff.). Damit ist eine "Rückfestsetzung" ohne Einschaltung des Gerichts möglich.
3. Entscheidung ist Vollstreckungstitel
Rz. 187
Wird dem Rechtsmittel der Staatskasse entsprochen, kann die überzahlte Vergütung nach dem Justizbeitreibungsgesetz vom beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt eingezogen werden. Die Rückforderung unterfällt nicht dem VwVfG. Bei dem in § 55 geregelten Festsetzungsverfahren gegen die Staatskasse handelt es sich um ein dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragenes justizförmiges Verwaltungsverfahren, in dem sich der bestellte Rechtsanwalt einerseits und die Staatskasse andererseits gegenüberstehen (siehe Rdn 1). Das Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren gem. § 56 ist ein gerichtliches Verfahren, auf das das VwVfG deshalb nicht anwendbar ist. Insbesondere sind auch §§ 48, 49 VwVfG nicht anwendbar, weil das VwVfG gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG nur für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder gilt. Eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit in diesem Sinne liegt aber bei der Festsetzung gem. § 55 nicht vor. Für die Tätigkeit der Gerichtsverwaltungen und der Behörden der Justizverwaltung einschließlich der ihrer Aufsicht unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts gilt das VwVfG gem. § 2 Abs. 3 VwVfG im Übrigen nur, soweit die Tätigkeit der Nachprüfung durch die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder durch die in verwaltungsrechtlichen Anwalts-, Patentanwalts- und Notarsachen zuständigen Gerichte unterliegt. Der vom Urkundsbeamten erlassene Beschluss über die Überzahlung des Anwalts hat die Bedeutung eines Leistungstitels, der gem. § 1 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 JBeitrG nach diesem Gesetz zu vollstrecken ist. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle darf diesen Titel also nicht eigenmächtig, sondern nur nach einer (zulässigen) Erinnerung des Vertreters der Staatskasse herbeiführen. Gem. § 8 JBeitrG sind Einwendungen, die den beizutreibenden Anspruch selbst, die Haftung für den Anspruch oder die Verpflichtung zur Duldung der Vollstreckung betreffen, vom Schuldner gerichtlich geltend zu machen. Bei Ansprüchen gegen Rechtsanwälte nach § 1 Abs. 1 Nr. 8 JBeitrG erfolgt das nach den Vorschriften über die Feststellung eines Anspruchs dieser Personen. Der Rückforderungsanspruch ist deshalb gem. §§ 55, 56 festzustellen. Die Vollstreckung des Rückzahlungsanspruchs richtet sich nach den Vorschriften der JBeitrG. Die Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Beträgen darf auch dergestalt durchgesetzt werden, dass der Betrag durch den Urkundsbeamten von einer anderweitig veranlassten Zahlung in derselben Angelegenheit in Abzug gebracht wird.