Norbert Schneider, Peter Fölsch
Rz. 40
Für die Anwendbarkeit der Vorschrift unterstellt das Gesetz wie selbstverständlich, dass die (Vorschüsse und) Zahlungen geeignet sind, den Vergütungsanspruch des Anwalts im Umfang dieser Leistungen zu erfüllen. Denn ohnedies würde jede Art von Anrechnungsregelung schon deshalb ausscheiden, weil es nichts anzurechnen gäbe. Mithin erfasst der Tatbestand zunächst alle vorbehaltlosen (Vorschüsse und) Zahlungen. Darin erschöpft sich aber das Leistungsspektrum nicht. So sind etwa gegen die einseitige Verknüpfung der Leistungshandlung mit aufschiebenden Bedingungen für die Tilgungswirkung Bedenken nicht ersichtlich. Auch insoweit gilt die Regelungsfreiheit der Privatautonomie. Insbesondere hat die Staatskasse keinen Anspruch darauf, dass nur unbedingt geleistet werden dürfe. Deshalb ist es ohne Weiteres zulässig, wenn beispielsweise die Partei oder der Dritte bei Leistungen vor Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Bestimmung treffen, dass der Anwalt die Zahlung ganz oder in einer bestimmten Höhe nur behalten dürfen soll, falls Prozesskostenhilfe nicht bewilligt wird. Eine solche Bedingung braucht nicht ausdrücklich erklärt zu werden, sondern kann sich bereits aus den Umständen ergeben, was durch Auslegung zu ermitteln ist.
Beispiel: Der Mandant erklärt dem Anwalt beim Erstgespräch, er sei mittellos, könne aber einen Vorschuss von 400 EUR zahlen, die er von seiner Mutter darlehensweise erhalten habe und an diese zurückzahlen müsse. Der Anwalt beantragt Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung und seine Beiordnung für eine Klage über 2.500 EUR. Diesem Antrag wird stattgegeben. Nachdem die Klage abgewiesen worden ist, fordert der Anwalt seine volle Vergütung von der Staatskasse.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle muss antragsgemäß festsetzen. Der Betrag von 400 EUR ist nicht anrechenbar. Ihn soll der Anwalt nicht auf jeden Fall, sondern bei interessengerechter Auslegung nur dann endgültig vereinnahmen können, wenn Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden würde. Das folgt aus der offenbarten Kreditierung.
Rz. 41
Werden Leistungen erst nach Stellung des Antrages auf Prozesskostenhilfe erbracht (zur Anzeigepflicht § 55 Abs. 5 S. 4) und sind sie für Gebühren des Anwalts bestimmt, die bei antragsgemäßer Bewilligung von der Staatskasse aus eigenen Mitteln zu tragen sind, so folgt allein hieraus ein nur bedingter Tilgungswille. Der schlüssige Vorbehalt greift aber lediglich bei Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung, weil ansonsten die Partei ohnehin regelmäßig alle Kosten selbst aufbringen muss (vgl. § 50 Rdn 36). Macht der Anwalt in einem solchen Fall seine Vergütung gegenüber der Staatskasse ungeachtet der bereits erhaltenen Leistungen geltend, so sind diese in dem Umfang, wie sie der Staatskasse zugutekämen, nicht anzurechnen, sondern an den Leistenden zurückzuzahlen.
Beispiel: Der Anwalt beantragt Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung für eine beabsichtigte Klage über 7.000 EUR. Weil sich die Entscheidung immer wieder verzögert, zahlt die Partei die Gerichtskosten und an den Anwalt einen Vorschuss von 600 EUR. Nach weiteren neun Monaten werden ihr Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt und der Anwalt beigeordnet. Der Anwalt rechnet gegenüber der Staatskasse seine Vergütung nach der Gebührentabelle des § 49 mit Wirkung ab Beantragung der Beiordnung in voller Höhe ab.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat antragsgemäß festzusetzen. Der an den Anwalt gezahlte Vorschuss ist nicht anzurechnen. Soweit dieser und die Vergütung nach der Gebührentabelle des § 49 zusammen die gesetzliche Vergütung eines Wahlanwalts (§ 13) übersteigen, muss der Anwalt den Vorschuss an die Partei zurückzahlen. (Ebenso erhält sie die Gerichtskosten zurück.)