Norbert Schneider, Peter Fölsch
Rz. 68
Zahlungen eines mitvertretenen Nebenklägers sind grundsätzlich anzurechnen, da auch diese Personen Dritte i.S.d. Abs. 3 S. 1 sind (siehe Rdn 51). Eine Anrechnung kommt aber nur insoweit in Betracht, als der mitvertretene Nebenkläger nicht ausschließlich auf seine eigene Schuld, sondern auf die Gesamtschuld zahlt.
Rz. 69
Den Fall der Zahlung eines Mitangeklagten dürfte es seit der Neufassung des § 146 StPO und des dort eingeführten strikten Mehrvertretungsverbotes auch bei verschiedenen Taten heute nicht mehr geben. Auf die hierzu ergangene ältere Rechtsprechung kann jedoch insoweit immer noch zurückgegriffen werden, als die Berechnungsmethode auch auf den Fall des mitvertretenen Nebenklägers anzuwenden ist.
Beispiel: Der Anwalt vertritt den Beschuldigten A als Pflichtverteidiger und den Nebenkläger B als Wahlanwalt vor dem AG. Der Nebenkläger zahlt einen Vorschuss i.H.v. 500 EUR.
Nach einer Auffassung soll die Zahlung des Nebenklägers in voller Höhe auf die Pflichtverteidigervergütung angerechnet werden. Nach anderer Ansicht soll dagegen eine Anrechnung generell ausgeschlossen sein. Zutreffend ist es jedoch, solche Fälle zunächst über § 7 Abs. 2 zu lösen. Auszugehen ist zunächst davon, dass der mitvertretene Nebenkläger auf seine eigene Vergütungspflicht leistet. Er ist dem Anwalt gegenüber nämlich nach § 7 Abs. 2 insoweit verpflichtet, als die Vergütung angefallen wäre, wenn der Anwalt nur für ihn allein tätig geworden wäre.
Auszugehen ist im Beispiel davon, dass insgesamt für die Verteidigung des Beschuldigten und des Nebenklägers eine Vergütung in Höhe der um 30 % erhöhten Mittelgebühren abzurechnen ist, also:
1. |
Grundgebühr, VV 4100 |
286,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, VV 4106 |
235,90 EUR |
3. |
Terminsgebühr, VV 4108 |
393,25 EUR |
Gesamt |
915,15 EUR |
Jeder der beiden für sich genommen hätte geschuldet eine Vergütung in Höhe
1. |
Grundgebühr, VV 4100 |
220,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr, VV 4106 |
181,50 EUR |
3. |
Terminsgebühr, VV 4108 |
302,50 EUR |
Gesamt |
704,00 EUR |
Nunmehr ergibt sich Folgendes: I.H.v. (704 EUR + 704 EUR – 915,15 EUR =) 492,85 EUR haften der Beschuldigte A und der Nebenkläger B als Gesamtschuldner; jeweils alleine. I.H.v. (704 EUR – 492,85 EUR =) 211,15 EUR haften beide jeweils alleine (zur Berechnung der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Auftraggeber siehe § 11 Rdn 254 ff.). Die Zahlung des B ist zunächst auf seine alleinige Zahlungspflicht zu verrechnen. Im Übrigen, also i.H.v. (500 EUR – 492,85 EUR =) 7,15 EUR, ist die Zahlung nach Abs. 3 S. 1 – vorbehaltlich der Regelung des Abs. 3 S. 3 – auf die Gebühren für die Pflichtverteidigung des A anzurechnen.