1. Grundsatz
Rz. 25
Werden im Verlauf eines Rechtsstreits infolge eines Anwaltswechsels mehrere Anwälte tätig, so sind ihre Kosten dann erstattungsfähig, wenn der Anwaltswechsel notwendig war (§ 91 Abs. 2 S. 2 ZPO). Eine solche Notwendigkeit wird in der Rspr. in den folgenden Fällen bejaht bzw. verneint:
2. Tod oder Erkrankung des Anwalts
Rz. 26
Beim Tod des Anwalts ist grundsätzlich von einem notwendigen Anwaltswechsel auszugehen.
Rz. 27
Unerheblich ist, ob der Verstorbene mit einem anderen Rechtsanwalt in Bürogemeinschaft verbunden war. Beim Tode lediglich eines Sozius ist ein Anwaltswechsel dagegen nicht erforderlich, da die übrigen Mitglieder der Sozietät das Mandat fortführen können. Wechselt der Mandant in diesen Fällen, etwa weil er zu den übrigen Sozien kein Vertrauen hat, rechtfertigt dies keine doppelte Kostenerstattung.
Rz. 28
In Ausnahmefällen gelten diese Grundsätze auch bei einer längeren Erkrankung.
3. Freiwilliges Ausscheiden aus der Anwaltschaft
Rz. 29
Scheidet der Anwalt aus der Anwaltschaft aus, so ist der Wechsel ebenfalls stets notwendig. Zum Teil stellt die Rspr. darauf ab, ob die Entscheidung, die Anwaltszulassung aufzugeben, aus beachtenswerten Gründen erfolgt ist, was im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen sei. Dies dürfte in dieser Form nicht zutreffend sein, da die persönliche Entscheidung des Anwalts nicht der erstattungsberechtigten Partei angerechnet werden kann. Keine Erstattungsfähigkeit ist aber dann gegeben, wenn der Praxisübernehmer mit dem vorherigen Anwalt vereinbart hat, dass die im Zeitpunkt der Praxisaufgabe anhängigen Mandate ohne Berechnung von Mehrkosten zu Ende geführt werden sollen.
Rz. 30
Es stellt sich in diesen Fällen allerdings die Frage, ob der freiwillig aus der Anwaltschaft ausscheidende Anwalt überhaupt einen Anspruch auf Vergütung hat oder ob der Vergütungsanspruch infolge Interessenwegfalls erloschen ist (§ 628 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB). Diese Frage ist aber grundsätzlich nicht im Kostenfestsetzungsverfahren auszutragen, sondern gegebenenfalls nachträglich im Wege der Vollstreckungsgegenklage.
Rz. 31
Als nicht notwendig angesehen hat der BGH einen Anwaltswechsel nach Rückgabe der Zulassung des ersten Anwalts wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten.
Rz. 32
Als notwendig angesehen hat der BGH dagegen einen Anwaltswechsel nach Rückgabe der Zulassung wegen Übernahme der Pflege der eigenen Mutter nach Ausfall der bisherigen Pflegeperson (hier Tod des Vaters). Die Übernahme der Pflegetätigkeit stelle einen anerkennenswerten Grund für die Aufgabe der Anwaltstätigkeit dar, auch unter Berücksichtigung dessen, dass übernommene Mandate nicht zu Ende geführt werden können. Hierdurch entstehende Mehrkosten eines Prozesses seien von den Betroffenen hinzunehmen.
4. Entzug der Zulassung
Rz. 33
Wird dem bisherigen Anwalt die Zulassung entzogen und beauftragt der Mandant einen neuen Anwalt, soll die Erstattungsfähigkeit aus den gleichen Erwägungen (siehe Rdn 37) nicht gegeben sein. Auch dies dürfte in dieser Form nicht zutreffend sein, da das Fehlverhalten des Anwalts der erstattungsberechtigten Partei nicht angerechnet werden darf.
5. Zeitablauf
Rz. 34
Wird nach längerem Zeitablauf – sei es aufgrund einer Aussetzung, einer Unterbrechung o.Ä. – das Verfahren erst nach Jahren fortgeführt und ist der seinerzeit beauftragte Anwalt nicht mehr tätig, so ist zu differenzieren:
Rz. 35
Liegen zwischen der Erledigung der früheren Angelegenheit und der Fortsetzung der Angelegenh...