Rz. 107

Bei der Kostenerstattung können dann allerdings Probleme auftreten, wenn ein Anwaltswechsel stattgefunden hat und der neue Anwalt nach neuem Recht liquidieren kann. War der Anwaltswechsel notwendig, dann ergeben sich keine Probleme; die Kosten beider Anwälte sind zu erstatten.[41]

 

Rz. 108

War der Wechsel dagegen nicht notwendig, so ist die Erstattungsfrage strittig. Eine Auffassung differenziert wie folgt: Es sind die tatsächlich entstandenen Kosten nur bis zu dem Betrag zu erstatten, den der zuerst beauftragte Anwalt nach bisherigem Recht hätte liquidieren können, wenn er die Sache zu Ende geführt hätte. Sofern dessen Vergütung geringer gewesen wäre, kann die Erstattung nur nach bisherigem Recht verlangt werden. Sofern die Kosten des ersten Anwalts allerdings höher gewesen wären, sind auch die Mehrkosten des neuen Anwalts in Höhe dieser Differenz zu erstatten. Nach zutreffender Auffassung sind stets die höheren Kosten zu erstatten, da es der Partei frei steht, zu entscheiden, ob und wann sie einen Anwalt beauftragt. Die Kosten sind daher stets bis zur Höhe des höchsten Vergütungsanspruchs nach neuem oder altem Recht zu erstatten.[42]

 

Rz. 109

 

Beispiel: Kostenerstattung bei Anwaltswechsel

Der siegreiche Kläger hatte im Verfahren (Streitwert 50.000 EUR) den Anwalt gewechselt. Der erste Anwalt hätte nach den alten Beträgen für das gesamte Verfahren folgende Vergütung erhalten:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   1.511,90 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   1.395,60 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.927,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   556,23 EUR
Gesamt   3.483,73 EUR

Infolge der vorzeitigen Beendigung hat er jedoch nur folgende Vergütung verdient:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   1.511,90 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.531,90 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   291,06 EUR
Gesamt   1.822,96 EUR

Der neue Anwalt rechnet nach den neuen Beträgen wie folgt ab:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   1.662,70 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   1.534,80 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 3.217,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   611,33 EUR
Gesamt   3.828,83 EUR

Nach der ersten Ansicht sind lediglich 3.483,73 EUR erstattungsfähig. Die Mehrkosten i.H.v. 345,10 EUR verbleiben beim Kläger. Nach der zweiten Ansicht sind die vollen 3.828,83 EUR zu erstatten.

[41] LG Berlin JurBüro 1988 752; OLG München JurBüro 1989, 977.
[42] Schneider/Thiel, Das ABC der Kostenerstattung 2013, Stichwort "Anwaltswechsel"; a.A. LG Duisburg AGS 2005, 446 m. Anm. Schons und N. Schneider.

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