Rz. 14
Die bisherige Sonderregelung für Rechtsmittelverfahren (Abs. 1 S. 2 a.F.) hat der Gesetzgeber endlich aufgegeben. Eine solche Sonderregelung war eigentlich auch nie nicht erforderlich gewesen, da ein Rechtsmittelverfahren nach § 17 Nr. 1 stets eine eigene Angelegenheit darstellt und daher bereits durch die allgemeine Übergangsregelung des Abs. 1 S. 1 erfasst wurde. Die besondere Regelung für Rechtsmittelverfahren hatte nur zu Problemen und Ungleichbehandlungen geführt.
Beispiel: In einem Rechtsstreit waren die Beklagten A und B vom Amtsgericht zur Zahlung von 4.000 EUR verurteilt worden. Der Beklagte A war anwaltlich vertreten. Der Beklagte B hatte sich selbst vertreten. Am 28.12.2020 hatte der Beklagte A seinen Anwalt beauftragt, Berufung einzulegen. Auch der Beklagte B hatte an diesem Tag einen Anwalt beauftragt, gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung einzulegen. Beide Anwälte haben die Berufung im Januar 2021 eingelegt.
Nach der bisherigen Fassung wäre für den erstinstanzlich nicht tätigen Anwalt des Beklagten B – ebenso wie nach der jetzigen Fassung – noch altes Gebührenrecht anzuwenden, da für ihn auf den Tag der Auftragserteilung abzustellen gewesen wäre und er den Auftrag vor Inkrafttreten des neuen Gebührenrechts erhalten hätte.
Für den erstinstanzlich bereits tätigen Anwalt des Beklagten A hätte dagegen bereits neues Recht gegolten, da es nach der bisherigen Gesetzesfassung für den vorinstanzlich tätigen Anwalt insoweit nicht auf den Auftrag ankam, sondern auf die Einlegung des Rechtsmittels. Das ist aber erst nach dem Inkrafttreten der neuen Gebührenbeträge eingereicht worden.
Rz. 15
Diese Ungleichbehandlung war nicht einzusehen und wird mit der Neufassung beseitigt. Nach der Neufassung gilt für alle Anwälte das Recht zum Tage der Auftragserteilung.
Rz. 16
Ein weiterer Widerspruch ergab sich in Strafsachen.
Beispiel: Der Angeklagte war vom Amtsgericht verurteilt worden. Sein Verteidiger hatte noch im Dezember 2020 auftragsgemäß Berufung eingelegt. Nach Erhalt der Urteilsgründe im Januar 2021 wird der Anwalt mit der Durchführung der Berufung beauftragt.
Nach dem bisherigen Wortlaut des § 60 war auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels abzustellen. Der Anwalt musste also nach altem Recht abrechnen. Dies widersprach aber der Regelung in Abs. 1 S. 1. Für den vorbefassten Verteidiger beginnt die Rechtsmittelinstanz nämlich erst mit Begründung des Rechtsmittels. Das Einlegen des Rechtsmittels zählt für ihn noch zur Vorinstanz (§ 19 Abs. 1 Nr. 10). Dies führte also zu dem kuriosen Ergebnis, dass ein Auftrag zur neuen Angelegenheit, der nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt wurde, ungeachtet dessen noch nach altem Recht zu vergüten war.
Rz. 17
Auch diese Ungleichbehandlung ist jetzt durch die Neuregelung aufgehoben, da jetzt einheitlich nur noch auf den Auftrag zur Angelegenheit abgestellt wird. Nach der Neufassung gilt für alle Anwälte das Recht am Tag der unbedingten Auftragserteilung.
Allerdings ergibt sich bei dem Übergang zum 1.1.2021 ein Kuriosum, so dass sich die Neuregelung diesmal noch gar nicht auswirkt. Wenn nämlich jetzt für den schon in 2020 beauftragten Anwalt auf das alte Recht abzustellen ist, dann auch auf § 60 Abs. 1 S. 2 a.F. Diese Vorschrift hat dem vorinstanzlichen Anwalt aber garantiert, dass er nach neuem Recht abrechnen kann, wenn er das Rechtsmittel erst nach der Gesetzesänderung einlegt. Daher gilt für den erstinstanzlich bereits tätigen Anwalt, der den Auftrag vor dem 1.1.2021 erhalten, das Rechtsmittel aber erst nach dem 31.12.2020 eingelegt hat, zwar altes Recht; da das alte Recht in diesem Fall aber auf das neue Recht abstellt (§ 60 Abs. 1 S. 2 a.F.), gilt auch für diesen Anwalt wiederum neues Recht. Auswirkungen hat die Neuregelung daher erst für zukünftige Übergangsfälle.