Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
aa) Baumbach’sche Formel
Rz. 96
Zur Verteilung der Verfahrenskosten analog § 92 ZPO (im Einzelnen siehe VV 1008 Rdn 140) wird hier ebenfalls durchweg auf die "Baumbach’sche Formel" zurückgegriffen, indem die Quotierung auf die Wertanteile der Streitgenossen am gesamten Streitwert abstellt. Die Anwendung der Formel soll "folgerichtig" dazu führen, dass ein (teilweise) siegreicher Streitgenosse der Erstattungsquote an gemeinsamen Anwaltskosten nur einen seinem Kopf- oder Wertteil entsprechenden Kostenanteil zugrunde legen könne (vgl. VV 1008 Rdn 124.). Tatsächlich besteht jedoch kein innerer Zusammenhang zwischen einerseits der Quotierung danach, in welchem Umfang der einzelne Streitgenosse obsiegt hat oder unterlegen ist (Anspruchsgrund), und zum anderen dem Kostenumfang, von dem der Bruchteil zu bilden ist (Anspruchshöhe).
Beispiel: Im Ausgangsfall werden A zur Zahlung von 2.420 EUR und B zur Zahlung von 11.678 EUR verurteilt. Die Kostenverteilung nach der Baumbach’schen Formel gestaltet sich wie folgt:
Von den Gerichtskosten tragen G 43 % (er unterliegt gegenüber A mit 7.580 EUR und gegenüber B mit 3.322 EUR, also insgesamt mit 10.902 EUR bei 25.000 EUR Streitwert), A 10 % (er unterliegt mit 2.420 EUR von insgesamt 25.000 EUR) und B 47 % (er unterliegt mit 11.678 EUR von 25.000 EUR). Die gleiche Quotierung gilt für die außergerichtlichen Kosten des G, weil er am gesamten Streitwert beteiligt ist.
Von den außergerichtlichen Kosten des A trägt G 76 % (er unterliegt insoweit mit abgewiesenen 7.580 EUR bei einem Teilwert von 10.000 EUR) und von denen des B trägt er 22 % (er unterliegt insoweit mit abgewiesenen 3.322 EUR bei einem Teilwert von 15.000 EUR). Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Für diese Quotierung ist es unerheblich, welche Kosten bei G und den einzelnen Streitgenossen entstanden sind. Auch wenn etwa A herausragend hohe Parteiauslagen gehabt haben sollte (bspw. durch ein prozessnotwendiges Privatgutachten oder eine kostenträchtige Anreise zum Gerichtstermin) hätte das auf die Kostenverteilung keinerlei Einfluss.
bb) Keine Verknüpfung der gerichtlichen Kostenverteilung mit der Verteilung der Anwaltskosten der Streitgenossen
Rz. 97
Die Verknüpfung der Kostenverteilung des Verfahrens mit der Verteilung von gemeinsamen Anwaltskosten beruht auf der Vorstellung, ein erstattungspflichtiger Gegner dürfe darauf vertrauen, bei einem jeden Streitgenossen einen verhältnismäßig gleichartigen Kostenumfang vorzufinden. Deshalb würde es ihn unbillig belasten, wenn Streitgenossen wählen könnten, wer welchen Haftungsanteil nach Abs. 2 seinem Erstattungsanspruch zugrunde legt.
Beispiel: Im vorstehenden Fall dürften A und B nach dieser Meinung im Interesse des G ihre Erstattungsquote von 76 % bzw. 22 % jeweils nur aus ihrer wertanteiligen Beteiligung von 1.049,58 EUR bzw. 1.574,37 EUR an den gesamten Anwaltskosten von 2.623,95 EUR (siehe Rdn 73) ziehen. G sei schutzwürdig, da bei der Abrechnung des Verfahrens auf erstattungsberechtigte Streitgenossen nicht mehr als ihr Wertanteil an den Anwaltskosten entfalle. Hiernach müssten sich A und B zusammen mit 1.144,04 EUR (76 % von 1.049,58 EUR zzgl. 22 % von 1.574,37 EUR) begnügen.
Rz. 98
Warum der erstattungspflichtige Gegner insoweit Vertrauensschutz soll genießen dürfen, wird nicht hinterfragt. Grundsätzlich kann keine Partei damit rechnen, dass sich die Kosten der Gegenseite in einem bestimmten Rahmen bewegen, soweit sie nicht konkret begrenzt sind. Sämtliche Anwaltskosten, die nach § 91 Abs. 2 ZPO zur Abrechnung gestellt werden können, gehören von vornherein zum Prozesskostenrisiko. Sie teilweise aus diesem Risiko herauszunehmen, nur weil eine aus mehreren Personen bestehende Gegenpartei sich einen gemeinsamen Anwalt genommen hat, würde dazu führen, dass die Vorteile der Mehrfachvertretung den Streitgenossen, die sie vereinbart haben entzogen und stattdessen dem Gegner zufließen würden. Das wäre ein Eingriff in die Privatautonomie, der einer gesetzlichen Ermächtigung bedürfte, sich aber auf eine solche nicht stützen könnte. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben vermag dafür nicht herzuhalten (siehe VV 1008 Rdn 145).
Beispiel: Nach der Interessenlage der Streitgenossen ist im vorstehenden Fall so abzurechnen, dass A 76 % seines Haftungsanteils von 1.850,85 EUR und B 22 % von 773,15 EUR (restliche Anwaltskosten, die ihm als Streitgenosse mit dem geringeren Erstattungsanspruch zugeordnet werden: 2.623,95 EUR abzgl. Haftungsanteil des A i.H.v. 1.850,85 EUR) in die Ausgleichung einstellen können. Damit stehen ihnen extern zusammen 1.576,74 EUR (76 % von 1.850,85 EUR zzgl. 22 % von 773,15 EUR) zu und sind intern nur noch 1.047,21 EUR (2.623,95 EUR abzgl. 1.576,74 EUR) auszugleichen (Wert...