I. Überblick
Rz. 108
Die Verjährung der anwaltlichen Vergütung ist nicht unmittelbar im RVG geregelt, sondern im BGB (Ausnahme: Hemmung nach Abs. 2). Mittelbar stützt sich die Verjährung jedoch auf Abs. 1, da der Beginn des Ablaufs der Verjährungsfrist vom Eintritt der Fälligkeit abhängig ist. Nach Ablauf der Verjährungsfrist steht dem Auftraggeber die Einrede der Verjährung zu, so dass der Anwalt seinen Vergütungsanspruch faktisch verliert, wenn diese Einrede erhoben wird (§ 214 Abs. 1 BGB).
Rz. 109
Die Verjährung gilt für alle Vergütungsansprüche des Anwalts, also sowohl für die gesetzlichen Gebühren als auch für vereinbarte Vergütungen sowie für Auslagen, die nach VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 2 i.V.m. §§ 675, 670 BGB zu erstatten sind.
Rz. 110
Ist ungeachtet des Eintritts der Verjährung gezahlt worden, schließt § 214 Abs. 2 BGB eine Rückforderung aus, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Das gilt auch für die Vergütung, die von der Staatskasse im Rahmen der Prozesskostenhilfe an einen Rechtsanwalt ausgezahlt wurde.
II. Verjährungsfrist
Rz. 111
Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (regelmäßige Verjährungsfrist § 195 BGB) und beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist (§ 199 Abs. 1 BGB).
Soweit § 191 Abs. 1 Nr. 1 BGB vom Entstehen des Anspruchs spricht, gilt dies nicht für das RVG, da dort etwas anderes bestimmt ist. Der Anwalt kann hier seine Forderung nicht schon mit Entstehen geltend machen, sondern erst mit der Erteilung einer Rechnung (§ 10). Diese wiederum kann er aber erst nach Fälligkeit erstellen, sodass die Verjährungsfrist hier erst ab Ende des Kalenderjahres laufen kann, in dem der Vergütungsanspruch fällig geworden ist.
Rz. 112
Der Ablauf der Verjährungsfrist ist gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 von der Mitteilung der Berechnung der Vergütung nicht abhängig. Die Verjährung beginnt daher auch dann bei Fälligkeit, wenn noch keine oder keine ordnungsgemäße Rechnung erteilt worden ist. Die Forderung kann somit auch verjähren, ohne dass jemals eine Abrechnung erteilt worden ist und ohne dass die Vergütung damit überhaupt jemals geltend gemacht werden konnte (siehe § 10 Rdn 108 ff.).
Rz. 113
Ebenso ist die Verjährung einer weiteren Vergütung nach § 52 Abs. 1 nicht von einer Entscheidung des Gerichts über die Leistungsfähigkeit des Beschuldigten abhängig (§ 52 Abs. 5 S. 1). Allerdings wird während der Anhängigkeit eines Antrags nach § 53 Abs. 2 S. 1 der Ablauf der Verjährung gehemmt.
Rz. 114
Nach § 390 S. 2 BGB kann mit einer verjährten Forderung zwar aufgerechnet werden, wenn die Aufrechnungslage bereits zu nicht verjährter Zeit bestand. Die Aufrechnung mit einer verjährten Vergütungsforderung ist ungeachtet der Vorschrift des § 390 S. 2 BGB jedoch dann nicht möglich, wenn dem Auftraggeber nicht auch schon zum Zeitpunkt der Aufrechnungslage eine ordnungsgemäße Berechnung nach § 10 zugegangen war, weil keine Aufrechnungslage zu unverjährter Zeit bestand.
Rz. 115
Da die Parteien die Fälligkeit der Vergütung durch eine Vereinbarung selbst regeln können, können sie damit auch den Beginn der Verjährungsfrist beeinflussen. Durch Vereinbarung, können die Vertragsparteien zudem die Verjährungsfrist verlängern, allerdings nicht über 30 Jahre hinaus (§ 202 Abs. 2 BGB).
III. Hemmung, Unterbrechung und Neubeginn der Verjährung
1. Überblick
Rz. 116
Nach der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung des BGB konnte die Verjährung unterbrochen werden (§§ 208 ff. BGB a.F.). Nach Beendigung der Unterbrechung lief eine neue Verjährungsfrist. Diese begann sofort und nicht erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Verjährung unterbrochen worden war. Diese Vorschriften spielen heute keine Rolle mehr. Zu Übergangsfällen (siehe Art. 229 § 6 EGBGB) wird auf die Vorauflage verwiesen.
Rz. 117
Die ab dem 1.1.2002 geltende Fassung des BGB spricht nicht mehr von "Unterbrechung", sondern nur noch von dem Neubeginn der Verjährung (§ 212 BGB); in der Sache macht dies jedoch keinen Unterschied.
Rz. 118
Eine bloße Hemmung der Verjährung ist dagegen sowohl nach der bisherigen als auch nach der neuen Fassung vorgesehen. Die Hemmung der Verjährung löst keine neue Frist aus, sondern bewirkt lediglich, dass der Zeitraum, währenddessen die Verjährung gehemmt ist, nicht mitgerechnet wird (§ 209 BGB).
Rz. 119
Nach der früheren Fassung des BGB wurde die Verjährung durch gerichtliche Maßnahmen unterbrochen (Klage, Mahnantrag oder auch Antrag auf Vergütungsfestsetzung, § 11 Abs. 7). Diese Maßnahmen führen jetzt nur noch zu einer Hemmung.
Rz. 120
Bei einem Anerkenntnis des Schuldners (§ 208 BGB a.F.) sowie der Vornahme einer Vollstreckungshandlung (§ 209 Abs. 2 Nr. 5 BGB a.F.) ist die Rechtslage dagegen die gleiche geblieben. Nach einem Anerkenntnis und einer vorgenommenen oder beantragten gerich...