1. Allgemeines
Rz. 15
Abs. 1 enthält ebenso wie die Vorgängervorschrift des § 16 BRAGO fünf Fälligkeitstatbestände. Für den Eintritt der Fälligkeit genügt es, dass einer dieser Tatbestände erfüllt ist.
Rz. 16
Es können selbstverständlich auch kumulativ mehrere Fälligkeitstatbestände ausgelöst werden. Maßgebend ist dann der Fälligkeitstatbestand, der als erster verwirklicht worden ist.
Rz. 17
Möglich auch, dass die Vergütung nicht einheitlich fällig wird, sondern sukzessive verschiedene Teile der Vergütung durch verschiedene Tatbestände nacheinander fällig werden (siehe Rdn 62).
2. Generelle Fälligkeitstatbestände (Abs. 1 S. 1)
Rz. 18
In Abs. 1 S. 1 sind zwei generelle Fälligkeitstatbestände aufgestellt, die für alle Vergütungen nach dem RVG gelten, nämlich
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die Erledigung des Auftrags (Abs. 1 S. 1, 1. Alt.) und |
▪ |
die Beendigung der Angelegenheit (Abs. 1 S. 1, 2. Alt). |
a) Erledigung des Auftrags (Abs. 1 S. 1, 1. Alt.)
aa) Kenntnis von der Erledigung
Rz. 19
Die Vergütung wird nach Abs. 1 S. 1, 1. Alt. fällig, wenn der Auftrag erledigt ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Anwalt von der Erledigung Kenntnis erlangt.
Beispiel: Der Anwalt war im Jahr 2016 mit der rechtlichen Betreuung und Vorbereitung eines Wohnungsverkaufs beauftragt worden. Während des Mandats hat der Auftraggeber im November 2017 ohne Beteiligung des Anwalts die Wohnung verkauft. Hiervon hat der Anwalt erst im Februar 2018 erfahren.
Die Vergütung ist erst mit Kenntniserlangung, also im Februar 2018, fällig geworden, nicht schon bereits mit Abschluss des Kaufvertrages im Jahr 2017, so dass die Verjährung nach § 195 BGB erst mit Ablauf des Jahres 2021 eintritt.
bb) Vollständige Erfüllung
Rz. 20
Der Auftrag ist erledigt, wenn der Rechtsanwalt seinen Verpflichtungen aus dem Anwaltsdienstvertrag vollständig nachgekommen ist.
Rz. 21
Besteht der Auftrag darin, einen Vertrag notariell beurkunden zu lassen, dann ist der Auftrag erst beendet, wenn der Anwalt die Möglichkeit hatte, den beurkundeten Vertrag daraufhin zu prüfen, ob er das von seiner Partei Gewollte richtig wiedergibt. Ob der Anwalt dieser Verpflichtung tatsächlich nachgekommen ist, ist unerheblich.
cc) Niederlegung des Mandats, Aufhebung oder Kündigung des Anwaltsvertrags
Rz. 22
Die Erledigung kann vorzeitig eintreten, nämlich dann, wenn der Anwalt das Mandat niederlegt, der Auftraggeber den Anwaltsvertrag kündigt oder beide Parteien den Vertrag einvernehmlich aufheben. Übernimmt der Anwalt zu einem späteren Zeitpunkt die Vertretung erneut, werden die frühere Fälligkeit und die bereits laufende Verjährungsfrist nicht beseitigt (zum Wiederaufleben verjährter Forderungen siehe Rdn 155 ff.).
dd) Aufhebung der Beiordnung oder Bestellung
Rz. 23
War der Anwalt im Rahmen der Prozesskostenhilfe oder anderweitig beigeordnet und kündigt die bedürftige Partei das Mandat, so erledigt sich für ihn der Auftrag i.S.d. Abs. 1 erst mit der Aufhebung seiner Beiordnung.
Rz. 24
Für den Pflichtverteidiger erledigt sich der Auftrag i.S.d. Abs. 1, wenn das Gericht seine Bestellung aufhebt. Der Vergütungsanspruch nach § 45 Abs. 3 gegen die Staatskasse wird damit fällig. Ob dies auch für eine Pauschvergütung nach § 51 gilt, ist umstritten. Nach einhelliger Meinung ist zur Bewilligung einer Pauschvergütung eine Gesamtschau erforderlich. Daraus wird von einigen Gerichten gefolgert, dass eine Pauschvergütung erst nach Abschluss der Instanz bewilligt werden könne. Konsequenterweise soll daher die Fälligkeit noch nicht mit der Aufhebung der Bestellung eintreten, sondern erst mit Abschluss der Instanz oder gar erst mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens. Nach anderer Auffassung kann dagegen ausnahmsweise bereits ab der Aufhebung der Bestellung eine Pauschvergütung bewilligt werden, so dass damit bereits Fälligkeit eintritt. Der Unterschied ist bedeutsam, da nach der zweiten Auffassung der Anspruch auf eine Pauschvergütung schon vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens oder der Instanz verjährt sein kann.
ee) Unmöglichkeit des Anwalts zur weiteren Vertragserfüllung
Rz. 25
Auch in anderen Fällen, in denen dem Anwalt die Fortsetzung seiner geschuldeten Tätigkeit unmöglich wird, erledigt sich der Auftrag, also etwa bei Rückgabe oder Entzug der Zulassung oder dem Wechsel der Zulassung, wenn in dem Verfahren Postulationszwang besteht und der Anwalt nach dem Wechsel oder der Aufgabe seiner Zulassung nicht mehr über die erforderliche Postulationsfähigkeit verfügt. In diesen Fällen muss allerdings geprüft werden, ob der Anwalt nicht ausnahmsweise ohne die am Prozessgericht erforderliche Zulassung noch eine weitere sinnvolle Tätigkeit, etwa als Verkehrsanwalt, ausführen kann.
ff) Unmöglichkeit aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen
Rz. 26
Der Auf...