Rz. 76

Da es für die Bemessung des Steuersatzes auf den Tag der Leistung bzw. das Ende des Leistungszeitraums, also die Fälligkeit der Vergütung nach § 8 Abs. 1 S. 1 ankommt, müssen Vorschüsse nachversteuert werden, wenn sich nach Zahlung des Vorschusses, aber vor Fälligkeit (§ 8 Abs. 1) der Umsatzsteuersatz erhöht. Der Anwalt kann dann beim Auftraggeber noch nachliquidieren.

 

Beispiel: Der Anwalt hatte nach Einreichung der Klageschrift (Wert: 10.000 EUR) im November 2020 vorschussweise eine Verfahrensgebühr wie folgt abgerechnet:

I. Vorschuss

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 10.000 EUR)   798,20 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 818,20 EUR  
3. 16 % Umsatzsteuer, VV 7008   130,91 EUR
Gesamt   949,11 EUR

Ein Urteil erging nach mündlicher Verhandlung im Februar 2021.

Die Verfahrensgebühr war zwar entstanden, da der Anwalt einen Schriftsatz eingereicht hatte (VV 3101 Nr. 1); sie war jedoch noch nicht fällig, da keiner der in § 8 Abs. 1 S. 1 aufgeführten Fälligkeitstatbestände eingetreten war. Der Anwalt war allerdings berechtigt, die Verfahrensgebühr als Vorschuss (§ 9) abzurechnen. Eine Teilleistung i.S.d. UStG liegt aber insoweit nicht vor. Daher ist mit 19 % nachzuversteuern.

II. Schlussrechnung (1. Alt)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 10.000 EUR)   798,20 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 10.000 EUR)   736,80 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.555,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   295,45 EUR
Gesamt   1.850,45 EUR
5. ./. gezahlter   – 949,11 EUR
Restbetrag   901,34 EUR

(in der Vorschusszahlung enthalten sind 130,91 EUR Umsatzsteuer;

in dem Restbetrag enthalten sind 164,54 EUR Umsatzsteuer)[42]

II. Schlussrechnung (2. Alt.)

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 10.000 EUR)   798,20 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert: 10.000 EUR)   736,80 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.555,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   295,45 EUR
Gesamt   1.850,45 EUR
5. ./. gezahlter netto   – 818,20 EUR
6. ./. gezahlter Umsatzsteuer   – 130,91 EUR
Restbetrag   901,34 EUR

Der Auftraggeber hat einen Anspruch darauf, dass die nachträglich höhere Umsatzsteuer ausgewiesen wird, da er diese gegebenenfalls im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machen kann.

[42] Dieser Hinweis ist erforderlich, da anderenfalls der Rechnungsempfänger die volle Umsatzsteuer i.H.v. 295,45 EUR zum Vorsteuerabzug anmelden könnte, obwohl er aus dem Vorschuss bereits davon 164,54 EUR zum Vorsteuerabzug angemeldet hatte. Der Anwalt würde für einen solchen Missbrauch haften.

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