Rz. 121
Der Gegenstandswert zur Berechnung der Gebühren für die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts bestimmt sich in der Regel nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Vorschriften (§ 23 Abs. 1 S. 3). Fehlt es an einer solchen Vorschrift, so ist der objektive Wert zu schätzen, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit im Zeitpunkt der Auftragserteilung für den Auftraggeber hat.
Beispiel: Soll der Anwalt den Mandanten im Hinblick auf eine Erbauseinandersetzung vertreten und gibt der Mandant den Wert seiner Nachlassforderung mit 50.000 EUR an, so berechnet sich die Geschäftsgebühr auch dann nach diesem Wert, wenn sich später herausstellt, dass der Anteil des Mandanten am Nachlass nur einen geringeren Wert hat.
Rz. 122
Diese Bewertungsmethode gilt zunächst nur im Innenverhältnis zwischen dem Anwalt und seinem Auftraggeber. Verlangt der Mandant die an den Anwalt gezahlte Vergütung im Wege des Schadensersatzes vom Gegner oder dessen Versicherer zurück, kann er Ersatz nur insoweit verlangen, als seine Forderung objektiv berechtigt war. Denn der Schädiger ist nicht verpflichtet, Kosten zu ersetzen, die aufgrund einer unbegründeten Inanspruchnahme verursacht wurden. Die Differenz zwischen den (auftragsgemäß) entstandenen und den vom Dritten erstatteten Gebühren muss der Anwalt gegenüber dem Mandanten bzw. dessen Rechtsschutzversicherer geltend machen. Der teilweisen Unbegründetheit der Forderung wird also kostenrechtlich nicht – wie im gerichtlichen Verfahren – über eine Quote, sondern über die Höhe des Gegenstandswertes Rechnung getragen.
Beispiel: Der Mandant beauftragt den Anwalt mit der Geltendmachung eines Unfallschadens i.H.v. 10.000 EUR. Nach längeren Verhandlungen mit dem gegnerischen Versicherer zahlt dieser 7.500 EUR. Der Mandant nimmt von der Geltendmachung der Restforderung Abstand.
Für den Anwalt sind folgende Gebühren entstanden (Wert: 10.000 EUR)
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, VV 2300 |
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921,00 EUR |
2. |
Auslagenpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
941,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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178,79 EUR |
Gesamt |
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1.119,79 EUR |
Gegenüber dem Versicherer kann der Mandant folgende Gebühren als Teil des Schadensersatzanspruchs verlangen (Wert: 7.500 EUR):
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, VV 2300 |
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753,00 EUR |
2. |
Auslagenpauschale, VV 7002 |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
773,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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146,87 EUR |
Gesamt |
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919,87 EUR |
Die Differenz zum anwaltlichen Gebührenanspruch muss der Mandant selbst bzw. sein Rechtsschutzversicherer an den Anwalt zahlen.
Rz. 123
Die Geltendmachung der Geschäftsgebühr als Schadensersatz erhöht den Streitwert des gerichtlichen Verfahrens nicht. Denn Gebühren für die vorgerichtliche Geltendmachung des Anspruchs sind nach h.M. Kosten, die bei der Berechnung des Gegenstandswertes unberücksichtigt bleiben, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden. An der Qualifikation als Nebenforderung (§ 43 GKG, § 4 ZPO) ändert es auch nichts, wenn diese Forderung im Klageantrag nicht gesondert ausgewiesen, sondern als Teil der Hauptsacheforderung geltend gemacht wird.
Rz. 124
Wird dagegen nur noch die Gebühr des Anwalts eingeklagt – beispielsweise weil die Hauptforderung in der Zwischenzeit beglichen wurde –, bestimmt die Höhe der Gebühr den Gegenstandswert, weil die Gebührenforderung nun Hauptsacheforderung ist. Wird nur noch ein Teil der Hauptforderung geltend gemacht, die Geschäftsgebühr aber in voller Höhe aus dem ursprünglichen Gesamtbetrag, erhöht die Geschäftsgebühr den Gegenstandswert, soweit sie ohne die Hauptforderung geltend gemacht wird. Der Wert dieses Anteils ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln.