Rz. 52
Der Wortlaut von Abs. 3 der Vorb. 2.3 stellt ausdrücklich klar, dass auch Tätigkeiten in der Vertragsgestaltung die Geschäftsgebühr auslösen. Dies gilt beispielsweise für das Entwerfen von Allgemeinen Geschäfts- oder Lieferbedingungen, wo die Geschäftsgebühr einschlägig ist. Auch die Mitwirkung an Vertragsverhandlungen oder Gesellschaftsgründungen wird durch die Geschäftsgebühr abgegolten. Ebenso liegt es bei Erb- oder Erbverzichtsverträgen. Bei Tätigkeiten in der Kautelarjurisprudenz ist häufig die Abgrenzung zur Beratung problematisch.
aa) Vertragsprüfung
Rz. 53
Wenn der Anwalt auftragsgemäß lediglich einen ihm vorgelegten Vertrag bzw. Vertragsentwurf prüft, wird dies regelmäßig nur eine Beratung und keine Tätigkeit nach VV 2300 darstellen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sich der Auftrag darauf beschränkt, lediglich über die rechtlichen Folgen des Vertragsschlusses zu informieren und ggf. zu prüfen, ob der Vertrag in der vorliegenden Form geschlossen werden kann, ohne dass hierbei jedoch im Bedarfsfall Änderungen oder Korrekturen am Inhalt des Vertrages vorgenommen werden sollen. In diesem Fall fehlt es an dem Auftrag zur Mitwirkung bei der Gestaltung, da der Anwalt keinen aktiven Einfluss auf den konkreten Inhalt nehmen soll. Gestalten bedeutet, aktiv einer Sache eine bestimmte Form, ein bestimmtes Aussehen zu geben.
Rz. 54
Zwar hat der 12. Senat des BGH in einer Betreuungssache anlässlich eines Streits um den Gegenstandswert ohne weitere Ausführungen festgestellt, dass die Überprüfung eines Vertrages auch als Mitwirkung bei der Gestaltung von Verträgen zählt. Der Anwalt hatte allerdings zuvor umfassend zu den Vertragsentwürfen Stellung genommen und zahlreiche Änderungen angemahnt. Auch das OLG Bremen hat daran anschließend im Rahmen einer Verfahrenspflegschaft festgestellt, dass es sich bei der Prüfung eines Grundstückkaufvertrages und Erteilung der Zustimmung um eine Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags handelt, so dass eine Geschäftsgebühr nach VV 2300 und nicht nur eine Beratungsgebühr gem. § 34 entstehe. Hierzu wird ausgeführt, dass sich die Vergütung gem. VV 2300 unter dem Gesichtspunkt einer Mitwirkung am Zustandekommen des Kaufvertrages rechtfertige. Dabei wird verkannt, dass die Mitwirkung am Abschluss eines Vertrages zwar ein Tatbestandsmerkmal der Einigungsgebühr nach VV 1000 ist, Vorb. 2.3 Abs. 2 hingegen die Mitwirkung bei der Gestaltung und nicht nur am Abschluss des Vertrages voraussetzt.
Rz. 55
Das Entwerfen eines Vertrages löst dagegen unstreitig die Geschäftsgebühr aus. Es reicht bereits der Auftrag, einen Vertragsentwurf zu prüfen, sofern damit der Auftrag verbunden ist, gegebenenfalls Änderungen vorzuschlagen. In den meisten Fällen dürfte daher der Anwendungsbereich der Geschäftsgebühr eröffnet sein, da der Mandant bei für ihn ungünstigen Vertragsbestimmungen in der Regel auch über Alternativen beraten werden will. Um allerdings Zweifel und Streitigkeiten mit dem Mandanten zu vermeiden, insbesondere wenn aufgrund der meist hohen Gegenstandswerte bei nur geringfügigen Änderungen eine hohe Vergütung anfällt, ist dringend anzuraten, mit dem Mandanten den konkreten Auftragsumfang genau zu klären und ggf. eine Vergütungsvereinbarung zu schließen. Überdies sollte der Hinweis auf die Abrechnung nach dem Gegenstandswert nach § 49b Abs. 5 BRAO nicht fehlen.
bb) Entwurf von Testamenten, Urkunden und Schreiben
Rz. 56
Das Entwerfen einer (einseitigen) Erklärung bzw. Urkunde löst keine Geschäftsgebühr aus, sondern ist Beratungstätigkeit.
Rz. 57
Zu einer solchen einseitigen Erklärung gehört insbesondere der Entwurf eines Testaments. Dies war lange umstritten. Während in § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO auch das Fertigen von Schreiben und das Entwerfen von Urkunden ausdrücklich genannt waren, ist im RVG nur noch vom Betreiben des Geschäfts und der Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages die Rede. Die Gesetzesbegründung gab hierzu keinerlei Aufschluss, ob es sich um eine absichtliche inhaltliche Änderung handeln sollte. Der BGH hat 2018 die Streitfrage geklärt und entschieden, dass die auftragsgemäß auf den Entwurf eines Testaments beschränkte Tätigkeit eines Rechtsanwalts eine Beratung darstellt und auch der auftragsgemäße Entwurf zweier abgestimmter Testamente keine die Geschäftsgebühr auslösende Mitwirkung bei der Gestaltung eines V...