Rz. 214
Für Klagen, die getrennt erhoben und nach Entstehung der Terminsgebühr miteinander verbunden oder nach Entstehung der Terminsgebühr getrennt werden, gilt bezüglich der Terminsgebühr das Gleiche wie bei der Verfahrensgebühr (siehe Rdn 62 ff.), wobei im Vorfeld zu klären ist, ob es sich tatsächlich um eine Verbindung im Sinne der Prozessordnung handelt. Wurde bei rechtlich getrennt bleibenden Prozessen lediglich gemeinsam verhandelt, ist eine Verbindung nicht eingetreten. Denn die Terminierung verschiedener Verfahren auf dieselbe Zeit und die gemeinsame Verhandlung stellt noch keine Verbindung dar. Es entspricht vielmehr einer gerichtlichen Übung, Prozesse derselben oder auch verschiedener Personen, die um gleiche oder ähnliche Sachverhalte oder Rechtsfragen geführt werden, soweit möglich auf dieselbe Zeit zu terminieren. Dies erleichtert den beiderseitigen Vortrag.
Rz. 215
Vertreten verschiedene Prozessbevollmächtigte mehrere Kläger, deren Klagen zur gemeinsamen Verhandlung verbunden sind, so verhandelt jeder der Rechtsanwälte nach dem seinen Mandanten betreffenden Streitwert, so dass dieser für die Berechnung der einzelnen Terminsgebühren auch nach der Verbindung der Verfahren maßgeblich bleibt.
Rz. 216
Wurde bei getrennt anhängig gemachten Verfahren vor der Verbindung nur in einem Verfahren verhandelt, nach Verbindung jedoch über den verbundenen Streitgegenstand insgesamt, so ist die Frage der Gebührenberechnung umstritten:
Nach einer Meinung fällt außer der durch die frühere Verhandlung bereits verdienten Terminsgebühr für die Verhandlung nach der Verbindung eine Terminsgebühr aus dem Wert beider Sachen an, allerdings in dem Verhältnis gekürzt, das dem Anteil des Streitwerts der einen Sache, in der vor der Verbindung verhandelt worden war, an dem zusammengerechneten Streitwert entspricht.
Beispiel: Der Kläger erhebt eine Klage auf Zahlung von 10.000 EUR, über die auch mündlich verhandelt wird. Hiernach wird dieses Klageverfahren mit einer weiter erhobenen Klage auf Zahlung von 40.000 EUR verbunden, über die noch nicht verhandelt worden war. Über die verbundene Klage wird sodann verhandelt, der Streitwert auf 50.000 EUR festgesetzt. Der Rechtsanwalt des Klägers, der diesen in beiden Verfahren vertreten hat, erhält folgende Gebühren:
I. Klageverfahren 1
Streitwert: 10.000 EUR
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
798,20 EUR |
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
736,80 EUR |
II. Klageverfahren 2
Streitwert: 40.000 EUR
3. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
1.452,10 EUR |
Streitwert: 50.000 EUR
4. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
1.534,80 EUR |
Berechnung: Das erste Klageverfahren über 10.000 EUR ist mit 20 % an dem Gesamtstreitwert von 50.000 EUR beteiligt. Die nach Verbindung entstandene Terminsgebühr nach dem Gesamtstreitwert von 50.000 EUR ist daher um 20 % zu kürzen. Dies ergibt folgende Berechnung: 1.534,80 EUR abzüglich 20 % (entspricht 306,96 EUR) = 1.227,84 EUR.
Rz. 217
Nach der Gegenmeinung ist in solchen Fällen, in denen vor Verbindung nur in einem Verfahren die Terminsgebühr angefallen ist und nach Verbindung verhandelt wurde, die erste Terminsgebühr auf die spätere höhere Gebühr voll anzurechnen. Der aus der Verbindung entstandene Rechtsstreit ist nach dieser Ansicht für die Berechnung der Terminsgebühr so zu behandeln, als ob eine Klagehäufung oder Klageerweiterung bestanden bzw. eine Widerklage vorgelegen hätte. Der BGH hat dazu ausgeführt:
Zitat
"Wie im Falle der Verbindung ist auch dort die gemeinsame Verhandlung – zumindest einer Partei – aufgezwungen. Es besteht insofern kein sachlich gerechtfertigter Grund, den Rechtsanwalt im Falle der Verbindung von Verfahren besser zu stellen als bei einer Klageerweiterung oder einer Widerklage. In diesen Fällen ist anerkannt, dass die bereits verdiente Gebühr in vollem Umfang auf die Gebühr aus dem Gesamtstreitwert anzurechnen und jeweils nur der höchste Wert der anwaltlichen Tätigkeit maßgeblich ist. Diese Gleichbehandlung von Verbindung einerseits und Klagerhöhung bzw. Widerklage andererseits steht im Einklang damit, dass es einem Rechtsanwalt nicht gestattet ist, anstehende Verfahren seines Auftraggebers nur im eigenen Gebühreninteresse zu vereinzeln, statt sie in ihrer objektiven Zusammengehörigkeit gebührenrechtlich als eine Angelegenheit zu behandeln und damit zu einer geringeren Kostenbelastung beizutragen. Auch hier ist kein Grund ersichtlich, warum der Antragsteller bezüglich der Terminsgebühr im verbundenen Verfahren besser stehen soll, als er stünde, wenn er nach Einklagen einer der beiden Forderungen und mündlicher Verhandlung die Klage um die weitere Forderung erhöht und es dann eine weitere Verhandlung über die im Wege der Klageerweiterung geltend gemachte Gesamtforderung gegeben hätte."
Beispiel: Sachverhalt wie im vorigen Beispiel. Die Terminsgebühr nach dem Gesamtstreitwert von 50.000 EUR berechnet sich wie folgt:
Streitwert: 50.000 EUR
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
1.534,80 EUR |
abzüglich
Streitwert: 10.000 EUR
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (aus e... |