Rz. 290
Die Erstattung der Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens richtet sich nach der Kostenentscheidung des Hauptsacheverfahrens, allerdings nur, soweit die Parteien und die Gegenstände identisch sind. Grundsätzlich gilt, dass der Gegenstand des selbstständigen Beweisverfahrens und der Gegenstand des Hauptsacheverfahrens identisch sein müssen, wobei es zur Beurteilung der Frage der Identität nicht darauf ankommt, ob die Streitwerte der Verfahren identisch sind. Die Identität richtet sich ausschließlich nach sachlichen Gesichtspunkten, also danach, ob sich das Gericht des Hauptsacheprozesses mit derselben Angelegenheit zu befassen hatte. Identität des Streitgegenstandes liegt vor, wenn das selbstständige Beweisverfahren einen eindeutigen Bezug zu dem späteren Prozess aufweist, sich also das Hauptsacheverfahren als eine konsequente Fortführung des selbstständigen Beweisverfahrens darstellt. Sind die Gegenstände des Beweisverfahrens und der Hauptsache identisch, können die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens auf der Grundlage der Kostengrundentscheidung des Hauptsacheverfahrens festgesetzt werden.
Rz. 291
Identität des Streitgegenstandes liegt nicht nur vor, wenn im Klageverfahren lediglich ein Teil eines einheitlichen Anspruchs (z.B. Mängelbeseitigungskosten) weiterverfolgt wird, sondern auch dann, wenn der Antragsteller von mehreren selbstständigen Ansprüchen (z.B. mehrere Eigentumsverletzungen) nur einige im späteren Klageverfahren geltend macht.
Rz. 292
Wenn es über den vom selbstständigen Beweisverfahren erfassten Streitgegenstand nur teilweise zu einer rechtskräftigen Entscheidung kommt, können die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens nur anteilig in die Kosten des Hauptverfahrens eingehen. Wie diese Anteile zu berechnen sind, dazu werden verschiedene Ansichten vertreten:
Nach einer Ansicht sind die Kosten im Verhältnis der Gegenstände des selbstständigen Beweisverfahrens zu den Gegenständen des Streitverfahrens zu quoteln. Nach anderer Ansicht sind der obsiegenden Partei diejenigen Kosten zu erstatten, die entstanden wären, wenn das selbstständige Beweisverfahren von vornherein nur wegen der Gegenstände betrieben worden wäre, die auch Gegenstand des Streitverfahrens geworden sind. Eine dritte Ansicht schließlich will die wertabhängigen Kosten (Gerichts- und Anwaltsgebühren) quotal aufteilen und hinsichtlich der Auslagen (insb. Gutachter- und Reisekosten) danach differenzieren, ob sie einen Bezug zum späteren Streitverfahren haben. Können die Auslagen nicht dem späteren Rechtsstreit zugeordnet werden, sollen sie nach dem Verhältnis der Kostenträchtigkeit aufgeteilt werden.
Rz. 293
Die Beweissicherungskosten sind nicht auf der Grundlage der Kostenentscheidung des Hauptverfahrens erstattungsfähig, wenn der spätere Beklagte seinerseits vor dem Hauptverfahren ein selbstständiges Beweisverfahren über Ansprüche eingeleitet hatte, wegen derer er im nachfolgenden Prozess ein Zurückbehaltungsrecht oder eine hilfsweise Aufrechnung geltend macht, über das oder die dann aber im Ergebnis noch nicht entschieden wird. Ebenso wird eine Identität der Gegenstände zu verneinen sein, wenn das Urteil im Hauptsacheverfahren wegen einer zulässigen Klageänderung nicht mehr über den Gegenstand des selbstständigen Beweisverfahrens entscheidet.