1. Verfahrensgebühr, VV 3200, 3201
Rz. 6
Nach VV 3200 erhält der Rechtsanwalt in Verfahren vor dem FG eine 1,6-Verfahrensgebühr. Endigt der Auftrag vorzeitig, so erhält der Rechtsanwalt nach VV 3201 eine 1,1-Verfahrensgebühr.
Rz. 7
Dies gilt auch in Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO. VV Vorb. 3.2.1 Nr. 1 bestimmt, dass sich die Gebühren in Verfahren vor dem Finanzgericht nach VV Teil 3 Abschnitt 2 bestimmen. Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht aus VV Vorb. 3.2. Abs. 2, wonach in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, in denen das Rechtsmittelgericht als Gericht der Hauptsache anzusehen ist, die Gebühren nach VV Teil 3 Abschnitt 1 zu berechnen sind. Zum einen ist das FG nicht als Rechtsmittelgericht, sondern als Gericht erster Instanz mit dem Aussetzungsverfahren befasst und hierfür sind nach VV Vorb. 3.2.1 Nr. 1 gerade die Gebühren nach VV Teil 3 Abschnitt 2 vorgesehen. Zum anderen beinhaltet VV Vorb. 3.2 Abs. 2 gerade keine Regelung für Finanzgerichte, da eine solche in Anbetracht der Gesetzessystematik nicht erforderlich war. Die Regelung ist mithin weder direkt noch analog auf die Finanzgerichtsbarkeit anzuwenden. Schließlich sind in VV 3300 weitere erstinstanzliche Verfahren vor Rechtsmittelgerichten geregelt, in denen ebenfalls die höheren Gebührensätze Anwendung finden und die ebenso für Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes gelten. Dies zeigt, dass nach der Wertung des Gesetzgebers Verfahren in der Hauptsache und des einstweiligen Rechtsschutzes gebührenrechtlich gleichgestellt werden sollen.
Rz. 8
Soweit wegen desselben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr nach VV 2300 entstanden ist, wird diese Gebühr nach VV Vorb. 3 Abs. 4 zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührenansatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet.
Rz. 9
War der Anwalt zuvor im Besteuerungsverfahren tätig, gilt § 35 Abs. 2 S. 1. Danach ist eine Gebühr nach §§ 23, 24 oder 31 StBVV anzurechnen wie eine Geschäftsgebühr nach VV 2300.
Rz. 10
Sind nach der StBVV mehrere Gebühren angefallen, sind alle Gebühren hälftig anzurechnen, indem die Summe der Gebühren hälftig angerechnet wird (§ 35 Abs. 2 S. 2). Siehe auch hier zu Einzelheiten die Kommentierung zu § 35.
Rz. 11
Zu beachten ist auch hier die Begrenzung der hälftigen Anrechnung auf 0,75 nach VV Vorb. 2.3 Abs. 4 S. 1; VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 1.
Rz. 12
War der Anwalt sowohl im Besteuerungsverfahren als auch im Einspruchsverfahren tätig, sind die Gebühren nach der StBVV hälftig auf die Geschäftsgebühr des Einspruchsverfahrens anzurechnen. Die Geschäftsgebühr für das Einspruchsverfahren wiederum ist ebenfalls hälftig, höchstens zu 0,75 nach VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 1 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen.
2. Terminsgebühr, VV 3202
Rz. 13
Nach VV 3202 erhält der Rechtsanwalt in Verfahren vor dem FG eine 1,2-Terminsgebühr in den Fällen der VV Vorb. 3 Abs. 3.
Rz. 14
Nach Anm. Abs. 1 zu VV 3202 i.V.m. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu VV 3104 entsteht die Terminsgebühr auch dann, wenn das Gericht im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet, da nach § 90 Abs. 1 FGO eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist.
Der Anfall einer Terminsgebühr durch den Abschluss eines schriftlichen Vergleiches kam in finanzgerichtlichen Verfahren nicht in Betracht. Anders als die VwGO (§ 106 VwGO), das SGG (§ 101 SGG) oder die ZPO (§ 278 ZPO) sieht die FGO die Möglichkeit einer Verfahrensbeendigung durch Vergleich nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind (auch im finanzgerichtlichen Verfahren) Vergleiche über Steueransprüche vielmehr wegen der Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung überhaupt nicht möglich. Der bisherige Wortlaut der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu VV 3104, der – anders als bspw. VV 1000, 1003 – den dem Wortsinn nach engeren Begriff des "Vergleichs" wählte, sprach daher bereits dagegen, im finanzgerichtlichen Verfahren eine Terminsgebühr nach dieser Alternative entstehen zu lassen. Der BFH hat zwar im finanzgerichtlichen Verfahren die Zulässigkeit tatsächlicher Verständigungen grundsätzlich anerkannt. Zweck der tatsächlichen Verständigung ist es dabei, zu jedem Zeitpunkt des Besteuerungsverfahrens hinsichtlich bestimmter Sachverhalte, deren Klärung schwierig, aber zur Festsetzung der Steuer notwendig ist, den möglichst zutreffenden Besteuerungssachverhalt i.S.d. § 88 AO einvernehmlich festzulegen. Eine tatsächliche Verständigung über reine Rechtsfragen ist nach der Rechtsprechung des BFH jedoch nicht möglich.
Mit der Neuformulierung der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu VV 3104 durch das KostRÄG 2021 ist nunmehr nicht mehr der Abschluss eines Vergleichs Voraussetz...