Rz. 162

Ist der Gegenstand der Einigung im Berufungs- oder Revisionsverfahren oder in einem Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung eines dieser Rechtsmittel oder in einem Verfahren vor dem Rechtsmittelgericht über die Zulassung des Rechtsmittels anhängig, so erhöht sich der Gebührensatz auf 1,3. Für die Höhe der Gebühr kommt es also entscheidend darauf an, in welcher Instanz der Gegenstand anhängig ist, unabhängig davon, wo die Parteien die Einigung schließen.

 
Hinweis

Gerade hier zeigt sich also der Unterschied zwischen der bisherigen Regelung und der neuen Regelung in VV 1003.

 

Rz. 163

Denkbar ist, dass ein Gegenstand gleichzeitig in mehreren Instanzen anhängig ist.

 

Beispiel: Der Kläger erhebt Klage auf Schadensersatz in Höhe von 20.000 EUR. Das Landgericht erlässt ein Grundurteil, wonach der Schadensersatzanspruch zu 50 % dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wird. Der Beklagte erhebt hiergegen Berufung. Im Berufungsverfahren einigen sich die Parteien über sämtliche Ansprüche, also über Grund und Höhe.

Es entstehen nunmehr zwei getrennte Einigungsgebühren, je nach Anhängigkeit der Gegenstände. Sodann ist nach § 15 Abs. 3 zu kürzen. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass wirtschaftlich identische Gegenstände nicht addiert werden dürfen. Das bedeutet, dass hier die Werte von Grund- und Betragsverfahren nicht zu addieren sind. Insoweit gilt der höchste Wert.

Zu rechnen ist also wie folgt:

 
1. 1,0-Einigungsgebühr, VV 1000, 1003 (Wert: 20.000 EUR) 822,00 EUR  
2. 1,3-Einigungsgebühr, VV 1000, 1004 (Wert: 10.000 EUR) 798,20 EUR  
  gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als 1,3 aus 20.000 EUR   1.620,20 EUR
 

Rz. 164

Nach dem früheren Wortlaut der VV 1004 trat eine Erhöhung auf eine 1,3-Gebühr nur dann ein, wenn der Gegenstand in einem Berufungs- oder Revisionsverfahren anhängig ist. Damals war übersehen worden, dass es berufungs- und revisionsgleiche Verfahren gab, die ebenfalls den Ansatz einer höheren Einigungs-, Aussöhnungs- oder Erledigungsgebühr gerechtfertigt hätten. Die Rechtsprechung hatte in diesen Fällen teilweise in analoger Anwendung eine höhere Gebühr gewährt.[159]

 

Rz. 165

Mit Inkrafttreten des FamFG ist VV 1004 bereits auf Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nach den VV Vorbem. 3.2.1 und 3.2.2. erweitert worden. Dabei ist jedoch übersehen worden, dass es noch weitere Verfahren gab, die ebenfalls eine Erhöhung rechtfertigen. Dies wird nunmehr durch das 2. KostRMoG nachgeholt. Betroffen sind von dieser Erhöhung die Beschwerde nach § 544 ZPO, § 72a ArbGG, § 133 VwGO, § 115 Abs. 3 FGO, § 160a SGG gegen die Nichtzulassung der Revision, die Beschwerde nach § 75 Abs. 1 GWB, § 25 Abs. 1 VSchDG, § 87 EnWG, § 92a ArbGG gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde sowie die Beschwerde nach § 145 SGG gegen die Nichtzulassung der Berufung.

 

Rz. 166

Die Anhebung der Einigungsgebühr gilt für folgende Beschwerden gegen die Nichtzulassung einer Berufung, Revision oder Rechtsbeschwerde:

Beschwerde nach § 544 ZPO gegen die Nichtzulassung der Revision nach §§ 542 ff. ZPO,
Beschwerde nach § 72a ArbGG gegen die Nichtzulassung der Revision nach §§ 72 ff. ArbGG,
Beschwerde nach § 92a ArbGG gegen Nichtzulassung der Rechtbeschwerde nach §§ 92 ff. ArbGG,
Beschwerde nach § 75 GWB gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde nach den §§ 74 ff. GWB
Beschwerde nach § 25 Abs. 1 VSchDG gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde nach den §§ 24 ff. VSchG,
Beschwerde nach § 87 EnWG gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde nach den §§ 86 ff. EnWG,
Beschwerde nach § 133 VwGO gegen die Nichtzulassung der Revision nach §§ 132 ff. VwGO,
Beschwerde nach § 115 Abs. 3 FGO gegen die Nichtzulassung der Revision nach §§ 115 ff. FGO,
Beschwerde nach § 145 SGG gegen die Nichtzulassung der Berufung nach §§ 143 ff. SGG in sozialgerichtlichen Verfahren, in denen nicht nach Betragsrahmengebühren abzurechnen ist,
Beschwerde nach § 160a SGG gegen die Nichtzulassung der Revision nach §§ 160 ff. SGG in sozialgerichtlichen Verfahren, in denen nicht nach Betragsrahmengebühren abzurechnen ist.
 

Rz. 167

Demgegenüber gehört das Verfahren auf Zulassung eines Rechtsmittels zum jeweiligen Rechtsmittelverfahren, sodass schon nach der bisherigen Rechtslage die Einigungsgebühr zu erhöhen war. Die Änderung dient der Klarstellung.

 

Rz. 168

Für sonstige Rechtsmittel- und Rechtsbehelfsverfahren, insbesondere Beschwerdeverfahren o.Ä., sofern sie nicht den der Berufung oder Revision gleichgestellt sind (VV Vorb. 3.2.1 und 3.2.2), also z.B. die Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO, gilt VV 1004 dagegen nicht. Angesichts der nun zweifachen Änderung der Vorschrift kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die entsprechenden Verfahren übersehen hat und aus diesem Grunde eine Regelungslücke bestünde.[160]

 

Rz. 169

Der 1,3-Gebührensatz gilt nicht in erstinstanzlichen finanzgerichtlichen Verfahren. Die frühere gegenteilige Auffassung ist nicht mehr haltbar (siehe VV 1004 Rdn 6).

[159] Vgl. OLG Nürnberg AGS 2007, 493; OLG Schleswig AGS 20...

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